Welche Schritte braucht es bis zum Impfstoff?

  21 Juni 2020    Gelesen: 1025
  Welche Schritte braucht es bis zum Impfstoff?

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie arbeiten Forscher auf der ganzen Welt unter Hochdruck, um den passenden Impfstoff gegen den Sars-CoV-2-Erreger zu entwickeln. Immer wieder werden dabei Zwischenstände von einigen möglichen Impfstoff-Kandidaten öffentlich. Doch was bedeutet das und welche Schritte haben beispielsweise die Hersteller von CureVac aus Tübingen oder BioNtech aus Mainz noch vor sich bis es möglicherweise zum benötigten Impfstoff käme? Fragen und Antworten im Überblick.

Wie wird ein Impfstoff entwickelt?

Die Entwicklung eines Impfstoffs erfolgt in mehreren Schritten. Sie beginnt mit der Analyse des Virus und endet mit der Zulassung eines Impfstoffs. Bis vor wenigen Jahren hat dies 15 bis 20 Jahre gedauert. Mittlerweile geht dies dank neuer Technologien und aufgrund von Erfahrungen mit anderen Viren jedoch wesentlich schneller.

Hier eine Übersicht über die wichtigsten Schritte:

Das Virus wird unter die Lupe genommen

Zunächst schauen sich Forscher den Erreger ganz genau an. Vor allem wird die Frage geklärt: Auf welche Bestandteile des Virus reagiert das Immunsystem - etwa mit der Bildung von Antikörpern? Von den Verwandten von Sars-CoV-2, die Sars- und Mers-Viren, wusste man, dass das Immunsystem vor allem auf die Spike-Proteine an der Hülle des Erregers anspringen. Auch bei den meisten Impfstoffkandidaten gegen Sars-CoV-2 ist dieser Teil der Außenhülle das Impfziel.

Der Impfstoff wird designt

Wenn klar ist, welchen Teil des Erregers das Immunsystem ins Visier nehmen soll, folgt die Entwicklung des Impfstoffdesigns. Traditionell werden abgeschwächte oder abgetötete Viren verwendet, um das Immunsystem zu aktivieren. Daneben gibt es Impfstoffe, die nur einzelne Viren-Proteine enthalten. Bei Vektor-Impfstoffen werden harmlose Viren mit Proteinen des Zielerregers "verkleidet". Und schließlich gibt es auch noch die sehr jungen Impfstoffe, die mit DNA oder RNA arbeiten - diese veranlassen menschliche Zellen dazu, die Virus-Proteine einfach selbst herzustellen, auf die das Immunsystem dann reagieren kann. Die beiden deutschen Biotechunternehmen BioNtech und CureVac setzen etwa auf RNA-Impfstoffe.

Versuche an Zellkulturen und Tieren

Bevor ein Impfstoff an Menschen getestet werden kann, wird er in Zellkulturen und an Tieren ausprobiert. Das geschieht unter anderem aus Gründen der Sicherheit. Denn es kann unter Umständen sein, dass Impfstoffe zur Bildung von Antikörpern führen, welche eine Infektion sogar verschlimmern. Im Fall von Sars-CoV-2 haben Experimente mit einem Totimpfstoff an Rhesus-Affen jedoch keine gravierenden Nebenwirkungen gezeigt. Gleichzeitig kann in Tierversuchen nachgewiesen werden, ob die Impfung vor einer Infektion schützen kann.

Klinische Studie der Phase I - Test der Sicherheit

Wenn klar ist, dass der Impfstoff in guter Qualität verlässlich hergestellt werden kann, beginnt die klinische Phase mit dem Test an freiwilligen Teilnehmenden der Studie. Diese Tests müssen jedoch zunächst von den Behörden genehmigt werden - in Deutschland ist dafür das Paul-Ehrlich-Institut zuständig. In der ersten Phase, an der etwa 20 bis zu 100 Freiwillige teilnehmen, wird vor allem die Verträglichkeit des Impfstoffs untersucht. Aber auch, ob das Immunsystem Antikörper produziert. Diese Phase dauert Wochen bis einige Monate, die deutschen Unternehmen CureVac und BioNtech haben bereits mit klinischen Studien dieser Phase I begonnen.

Klinische Studie der Phase II - Die richtige Dosierung finden

In der zweiten Phase wird der Impfstoff bereits an 100 bis 800 Freiwilligen getestet - in diesem Abschnitt der klinischen Studien geht es unter anderem darum, die richtige Dosierung des Impfstoffs zu finden. Aber weiterhin wird auch die Sicherheit im Auge behalten. Auch wird untersucht, ob die Immunantwort auf den Impfstoff ausreicht.

Klinische Studie der Phase III - Zuverlässigkeit prüfen

Die dritte Phase der klinischen Studien ist die entscheidende. Bei ihr wird der Impfstoff einer großen Gruppe von Patienten verabreicht, meist mehr als 1000 bis zu 10.000 Freiwillige. In dieser Phase soll die Wirksamkeit des Impfstoffs getestet werden. Nach einigen Monaten wird geprüft, ob die geimpften Studienteilnehmer sich seltener mit Sars-CoV-2 anstecken als die Kontrollgruppe. Allerdings könnten sich Probleme ergeben, wenn die Sars-CoV-2-Pandemie bis dahin abgeebbt ist und sich kaum noch jemand auf natürlichem Wege ansteckt - eine Einschätzung der Wirksamkeit des Impfstoffs ist dann nur noch schwer nachweisbar.
Wann folgt die schlussendliche Zulassung?

Sofern Wirksamkeit, Dosierung und Sicherheit von den zuständigen Behörden geprüft und bestätigt worden sind, könnten Impfstoffe, wie beispielsweise jene von CureVac oder BioNtech, zugelassen werden. Für Europa wird das Zulassungsverfahren durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) koordiniert. Die Impfstoffbewertung der EMA nehmen die Experten der nationalen Arzneimittelbehörden Europas vor - in Deutschland ist dies das Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Erfüllt der Impfstoff alle Bedingungen, wird er an die Europäische Kommission gegeben, die die Zulassung erteilt. Danach kann der Impfstoff vermarktet und am Menschen angewendet werden. "Der eigentliche Zulassungsprozess, das heißt die Bewertung der Daten, ist dann die kleinste und kürzeste Angelegenheit", erklärte der PEI-Chef Klaus Chichutek im ntv.de-Interview.

Wann kommt ein möglicher Covid-19-Impfstoff?

Keine Frage wird derzeit heißer diskutiert als der Zeitpunkt der verfügbaren Impfung gegen Sars-CoV-2. Vielen Experten rechnen erst im kommenden Jahr mit einem Impfstoff, der Sars-Cov-2 verhindert, beziehungsweise einen Krankheitsausbruch stoppen kann. Doch ein genaues Datum kann niemand nennen. Bis dahin laufen weltweit die Forschungsaktivitäten auf Hochtouren, um mithilfe von mehreren Impfstoffkandidaten eine Lösung für die Pandemie zu finden. Eigentlich dauert eine Impfstoff-Entwicklung mehrere Jahre. Im Fall von Covid-19 geht die Forschung allerdings sehr schnell voran, weil durch die weltweite Pandemie ein hoher Druck auf den Wissenschaftlern liegt.

Quelle: ntv.de


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