Der ehemalige Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sieht in den Ausschreitungen von Stuttgart eine bedenkliche gesellschaftliche Entwicklung. "Wir haben es insgesamt mit einer Verrohung zu tun, der Umgangsformen, der Gewalt, die angewendet wird. Das wird uns aus Schulen berichtet und aus Fußgängerzonen", sagte Özdemir in der RTL-Sendung "Guten Morgen Deutschland".
Nicht nur in Stuttgart müsse man sich damit beschäftigen, wie es passieren könne, "dass Jugendliche, insbesondere auch mit Migrationshintergrund, zum Teil uns entgleiten", fügte Özdemir hinzu. Immer mehr Jugendliche verlören offenbar den Glauben, "dass man durch Fleiß, durch Arbeit, durch Schule, durch Ausbildung eine Perspektive in der Gesellschaft bekommt". Dabei ermahnte er die Politik, dass Thema langfristig anzugehen, auch, wenn das Interesse an den Stuttgarter Ereignissen wieder nachlasse, "denn wir müssen uns damit beschäftigen, was in unserer Gesellschaft los ist".
Özdemir forderte harte Strafen für die Täter: "Das muss mit der ganzen Härte des Rechtsstaates geahndet werden. Es müssen alle dingfest gemacht werden, die das hier zu verantworten haben", sagte er über die Verantwortlichen der Ausschreitungen in seinem Bundestagswahlkreis.
"Die Polizei ist nicht der Feind"
Zudem kritisierte Özdemir das Polizeibild, das manche Jugendliche haben. "Die Polizei hier in Deutschland ist nicht der Feind, es ist unsere Polizei. Und das erwarte ich auch, dass das klar wird, dass alle Jugendlichen die Polizei als ihre Polizei betrachten", sagte Özdemir. Er widersprach ausdrücklich der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die der Polizei pauschal Rassismus unterstellt und dies erst nach Kritik relativiert hatte: "Jeder weiß doch, wir sind hier nicht in den USA. Unsere Polizei ist gut ausgebildet im Vergleich zur US-amerikanischen. Unsere Polizei ist besser bezahlt – auch das ist ein wichtiger Faktor. Natürlich gibt es auch bei uns Probleme, die Polizei bildet die Gesellschaft ab. Aber man sollte nicht die gesamte Polizei unter einen Generalverdacht stellen."
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die Politik zu mehr Rückhalt auf. "Wir müssen feststellen, dass wir uns in einem gesellschaftlichen Reizklima befinden", sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek bei RTL. Die Politik müsse der Polizei jetzt "den Rücken stärken und nicht in den Rücken fallen". Demnach benötigten auch Feuerwehren und Rettungsdienste mehr Solidarität. Zudem bedürfe es nun Strafen, die "auf dem Fuße" folgen, sagte Radek.
Quelle: ntv.de, tar
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