Warum Chloroquin zur Gefahr werden kann

  24 Juni 2020    Gelesen: 957
  Warum Chloroquin zur Gefahr werden kann

Erst gilt das Malariamittel als Hoffnungsträger im Kampf gegen Covid-19, dann bestellt die Bundesregierung größere Mengen und später werden Studien damit weltweit beendet. Warum Chloroquin für Covid-19-Patienten gefährlich sein kann, beantworten Forscher mit einem Fallbericht.

US-Präsident Donald Trump soll Hydroxychloroquin, ein Abkömmling des Chloroquin, zur Prävention vor einer Sars-CoV-2-Infektion eingenommen haben. Das alte Malariamittel wird in größerer Menge im März von der Bundesregierung beim Hersteller Bayer reserviert. Doch das Mittel, auf das in dieser Zeit alle setzen, hält im Kampf gegen Covid-19 nicht, was es verspricht. Studien damit werden abgebrochen, der Hoffnungsträger verschwindet in der Versenkung. Warum Chloroquin und Hydroxychloroquin für Covid-19-Patienten sogar gefährlich sind, erklären Mediziner am Fallbeispiel einer 84-Jährigen, die fast daran gestorben wäre.

Die Frau, die wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus aufgenommen werden musste, bekam außerdem Medikamente gegen Brustkrebs und gegen Alzheimer, schreiben die Forscher um Yisha Szekely, Kardiologe am Medizinischen Zentrum in Tel Aviv in ihrem Fallbericht, der im "Heart Rhythm Journal" veröffentlicht wurde. Bekannt war bereits, dass sich durch die zwei Wirkstoffe Letorozol und Memantin, die die Patientin gegen den Brustkrebs und ihre Alzheimer-Erkrankung einnahm, das sogenannte QT-Intervall bei ihr auf 450 Millisekunden (ms) verlängert hatte. Als kritisch gilt dieser Wert, der durch einen bestimmten Abschnitt im Elektrokardiogramm (EKG), mit dem grafisch die Herztätigkeit dargestellt wird, bestimmt wird, bei 500ms. Die Patientin hatte bei ihrer Aufnahme trotz der medikamentös bedingten Verschiebung des QT-Intervalls einen regelmäßigen Herzschlag und keinerlei Hinweise auf Herzrhythmusstörungen.

Auswirkungen von Chloroquin im EKG sichtbar

Da sich der Zustand der Frau aufgrund der Covid-19-Erkrankung zunehmend verschlechterte, wurde im Krankenhaus eine Behandlung mit Chloroquin begonnen. Das Malariamittel galt zu diesem Zeitpunkt noch als möglicher Lebensretter bei schweren Covid-19-Verläufen. Für die behandelte Patientin allerdings traf das nicht zu.

Die Mediziner konnten im EKG miterleben, wie sich das QT-Intervall nach fünftägiger Chloroquin-Gabe auf 720ms erhöhte. In dieser lebensbedrohlichen Situation setzten die Ärzte das Mittel wieder ab. Auch die Gaben von Memantin und Latorozol, die bekanntermaßen ebenfalls das IQ-Intervall verlängern, wurden eingestellt. Dennoch kam es bei der Patientin zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen, für die die Ärzte Chloroquin verantwortlich machten. Durch das Absetzen von Chloroquin und die Behandlung der Herzrhythmusstörungen konnte das Leben der Patientin schließlich gerettet werden. Sie wurde zwei Wochen später aus dem Krankenhaus entlassen.

Für die Mediziner steht fest, dass eine Chloroquin-Therapie für Patienten mit Covid-19 nicht risikofrei ist und deshalb vorab gründlich geprüft werden müsse. Ratsam sei zudem, mit Chloroquin behandelte Patienten lückenlos mittels EKG zu überwachen. Die Tatsache, dass das Mittel bisher nicht als kardiotoxisch, also schädlich fürs Herz, eingestuft worden ist, begründen die Forscher damit, dass viele Patienten mit Covid-19 älter und eine Reihe von Vorerkrankungen mitbringen im Vergleich zu Malaria-Patienten, die damit behandelt wurden.

Quelle: ntv.de, jaz


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