Über das Ziel sind sich im Prinzip alle einig. Es geht um bessere Bedingungen in Ställen und Schlachthöfen, aber auch höhere Preise im Supermarkt. In Düsseldorf haben Bundesagrarministerin Julia Klöckner, ihre nordrhein-westfälische Kollegin Ursula Heinen-Esser und Niedersachsens Ressortchefin Barbara Otte-Kinast dafür zu einem "Branchengespräch" eingeladen. Dabei sein sollen Vertreter von Tierhaltern, Fleisch- und Ernährungsbranche, Handel, Bundeskartellamt, Tierärzten und Verbraucherschützern.
Doch noch vor Beginn des Treffens wurde Kritik laut. Der DGB und die Grünen sprachen von einer bloßen "Show"-Veranstaltung. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel monierte, dass erst "auf Nachhaken" und "in letzter Minute" Vertreter der Beschäftigten eingeladen worden seien. Offenbar solle eine nachhaltige Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten der Fleischbranche nicht im Vordergrund stehen, sagte Piel der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Kritiker führen die Ausbreitung des Coronavirus in der Branche auf die Arbeitsbedingungen sowie die Unterbringung vieler Beschäftigter in beengten Gemeinschaftsunterkünften zurück. In den Schlachtbetrieben sind viele Osteuropäer tätig, die von Subunternehmen beschäftigt werden.
Neujustierung nötig
Klöckner erklärte im Vorfeld, erforderlich sei eine Neujustierung der Tierhaltung in Deutschland. Notwendig seien mehr Tierwohl, bessere Preise sowie faire Arbeitsbedingungen. Fleisch und Wurst seien oft zu billig
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte ein "grundlegendes Umsteuern in der gesamten Kette". Nötig seien "bessere Gesetze, gezielte Förderung und mehr Transparenz". Hofreiter warf Klöckner vor, sie lade zu einem "bloßen Show-Event" ein, von dem "außer schönen Bekenntnissen" wenig zu erwarten sei. Von überparteilichen, gesamtgesellschaftlichen Lösungen sei die Ministerin "meilenweit" entfernt.
"Tausende Corona-Infizierte in den Schlachthöfen, miserable Arbeits- und Wohnbedingungen, leidende Tiere sowie Menschen, die wütend sind, weil sie die Folgen dieser Politik ausbaden müssen: Die Landwirtschaftsministerin scheint den Ernst der Lage nicht begriffen zu haben", erklärte der Grünen-Fraktionschef.
Zweifel am Verbot von Werkverträgen
DGB-Vorstand Piel appellierte an die Bundesregierung, die anvisierten Reformen in der Fleischindustrie "schnell und rechtssicher" umzusetzen. Die Bundesregierung will die Werkverträge in Schlachthöfen verbieten lassen. Nur noch Angestellte des eigenen Betriebs sollen Tiere schlachten und zerlegen dürfen. Ein Kabinettsbeschluss sieht vor, die Werkverträge ab 1. Januar 2021 zu untersagen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will dies jedoch vorziehen.
Piel warnte auch vor "Nebelkerzen" einzelner Fleischfabrikanten, die angekündigt haben, von sich aus auf Werkverträge zu verzichten. "Ankündigungen und Versprechen gab es bereits genug - passiert ist jedoch nichts", sagte sie. An einer gesetzlichen Regelung gegen Werkverträge führe nichts vorbei. "Nur so bekommen wir die Probleme ansatzweise in den Griff, die durch jahrelangen Missbrauch entstanden sind", betonte die Gewerkschafterin.
Aus der Unionsfraktion wurden jedoch Zweifel am Verbot von Werkverträgen laut. Diese Verträge nur in einer Branche verbieten zu wollen, sei "verfassungsrechtlich höchst bedenklich", sagte Fraktionsvize Gitta Connemann (CDU) der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das Instrument werde auch in vielen anderen Wirtschaftszweigen eingesetzt.
spiegel
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