Mazda2 - der Kleine für die große Fahrt?

  30 Juni 2020    Gelesen: 857
  Mazda2 - der Kleine für die große Fahrt?

Mit einem Kleinwagen mag man gemeinhin nicht auf große Fahrt gehen. Doch manchmal lässt es sich nicht vermeiden. Gut, wenn man dann einen Mazda2 am Start hat. Allerdings hat auch der seine Tücken, wie der ntv.de-Praxistest ergab.

Das, was heute als Kleinwagen betitelt wird, hat das B-Segment nach alter Definition längst verlassen. Das gilt nicht nur für die Länge der Fahrzeuge, sondern auch für die Preise. Da macht auch der Mazda2 keine Ausnahme, der knapp fünf Jahre nach seinem Debüt mit dem Modelljahr 2020 eine umfassende technische und optische Auffrischung erhalten hat. Der "kleine" Japaner im Kodo-Design misst 4,07 Meter und kostet ab 14.190 Euro. Das ist, wie gesagt, für einen Kleinwagen ein stolzer Preis und hier ist noch ganz viel Luft nach oben.

Nun hat Mazda aber schon immer seinen eigenen Stiefel gemacht und insofern verwundert der Preis nicht wirklich. Die Japaner sehen ihr Stadtauto einmal mehr im Premium-Bereich und wollen zudem, dass er mehr ist als eben ein schnödes City-Auto. Das fängt damit an, dass es den Mazda2 ausschließlich als Fünftürer gibt und er in der zweiten Reihe ein ganz passables Platzangebot für Reisende bietet. Jedenfalls so lange, wie der Passagier davor nicht an die 1,90 Meter misst. Der Kofferraum ist mit 280 Litern Standard. Für ein entsprechendes Rückentraining sorgen die Japaner, indem sie den Stauraum tief abgesenkt haben. Wer die Rücklehne der zweiten Reihe umlegt, der kann über eine kleine Kante hinweg ein Volumen von 900 Litern nutzen.

90 PS sollten es schon sein

Obgleich die Maße ein eindeutiges Indiz dafür sind, dass der Mazda2 kein Reiseauto für vier oder gar fünf Personen ist, hat der Japaner doch Reisequalitäten, die man ihm auf den ersten Blick gar nicht zutrauen würde. Gibt er sich doch arg straff beim Abrollen und ebenso hart sind die neuen Sitzpolster mit straff gezogenen Seitenwangen, die guten Halt bieten, aber etwas größeren oder korpulenteren Menschen auf langer Fahrt böse ins Fleisch kneifen könnten. Normal gewachsenen Menschen bereiten die Polster, obgleich sie sehr straff sind, auch auf der Langstrecke keine Probleme.

Auch das Triebwerk überrascht über die Distanz. Zum Einsatz kommt ein Reihenvierzylinder mit 1496 Kubikzentimetern Hubraum, aus denen er 75 oder 90 PS schöpft. Im Falle des Testwagens handelte es sich um den stärkeren Treibsatz, was sich dann in der Nomenklatur wie folgt liest: Skyactive-G 90 M Hybrid. In dem Kürzel finden sich gleich noch zwei weitere Informationen zum Aggregat: Zum einen, dass es ein Mild-Hybrid ist, der mit einem 22,5-Volt-System arbeitet, das die Bremsenergie in einem Kondensator speichert und bei Bedarf für den Startergenerator und flüssigere Gangwechsel beim Automatikgetriebe zur Verfügung stellt. Zum anderen verweist das G darauf, dass es sich bei dem Vierzylinder um ein hochverdichteten Benziner handelt, der so effizient sein soll, dass er - nach Angaben von Mazda - so wenig verbraucht wie ein Diesel.

Nun sei vorweggenommen, dass, wer sich mit dem Mazda2 wirklich auf Tour begeben will, unbedingt die 90-PS-Variante wählen muss, denn selbst mit dieser Kraftausbeute ist der Kleinwagen kein Ausbund an Spritzigkeit. Wer den Pin ins Blech prügelt, weil er flott von der Kreuzung weg will, der muss den Motor weit ausdrehen, bis er den nächsten Gang wählt. Der Leser ahnt es, im ntv.de-Praxistest gab es die Variante mit sechsstufigem Handschalter. Das macht gar nichts, denn die Japaner sind bekannt dafür, sehr willige Schaltgetriebe zu verbauen. Da macht auch das im Mazda2 keine Ausnahme.

Gemäßigter Dauerlauf statt Sprint

Doch zurück zum Sprint. Der gelingt mit den selbstbestimmten Schaltvorgängen in 9,8 Sekunden. Wer das mit dem Automaten versucht, wird erst nach 12,0 Sekunden Tempo 100 erreicht haben. Die Spitzengeschwindigkeit für den Handschalter hat Mazda mit 183 km/h angegeben. Die erreicht man auch, wenn man denn den sechsten Gang ignoriert und lange genug das Gaspedal auf dem Bodenblech hält. Zur Reisegeschwindigkeit wird dieses Tempo aber keiner machen, denn es läuft wirklich nur, wenn die Strecke absolut plan ist, besser sollte es noch etwas bergab gehen.

Wesentlich entspannter ist unterwegs, wer sich auf der freien Schnellstraße bei etwa 150 km/h einpegelt. Hier reicht auch der Anlauf, um ganz betuliche Zeitgenossen mit genug Druck zu überholen. Was gar nicht geht, ist der kurze Sprint auf der Landstraße zu nämlichen Zwecke. Das kaum spürbare maximale Drehmoment von 148 Newtonmetern, das bei 4000 Kurbelwellenumdrehungen anliegt, reicht vorn und hinten nicht, um den lediglich 1,15 Tonnen schweren Zwerg spontan anzuschieben. Hier kann es also einige Zeit dauern, bevor die richtige Stelle gefunden ist, um den 70 km/h schnellen Lkw zu überholen.

Allerdings stellt man auf der Langstrecke mit schwerem und leichtem Fuß noch etwas anderes fest: dass der Verbrauch erstaunlich gering ausfällt. Kaum mehr als knapp 6 Liter zog der kleine Mazda über 100 Kilometer aus dem 44 Liter fassenden Tank. Das ist ein großartiger Wert, der sich bei entsprechend entschleunigter Fahrweise auf 5,7 Liter senken lässt. Ebenso erfreulich wie der Verbrauch ist die Geräuschentwicklung im Inneren. Bis - und da haben wir es wieder - 150 km/h ist es richtig still im kleinen Japaner.

Und noch etwas dürfte Fahrer freuen, die gerne mal einen flotten Strich ums Eck ziehen. Dank einer optimierten Radaufhängung und einer weiter entwickelten Fahrdynamik-Regelung gibt sich der Mazda2 gerade bei diesen Ausreißern sehr stabil. Er folgt Lenkbefehlen ausgesprochen willig und wenn es tatsächlich mal klemmt, dann bremst das System beim Auslenken aus der Kurve die kurvenäußeren Räder minimal - für den Fahrer unmerklich - ab, um hier ein Giermoment um die Hochachse aufzubauen. Mit anderen Worten: Die folgende Geradeausfahrt wird stabilisiert.

Nichts Unbekanntes für den Steuermann

Der Steuermann im Mazda2 wird sich mit den Gegebenheiten nicht lange vertraut machen müssen. Die Japaner setzen auch hier auf eine eigene Strategie, die manchen altbacken vorkommen mag, von der Bedienbarkeit aber keine Fragen aufwirft. Alle wichtigen Assistenten - die auch mal nerven können - sind per Knopfdruck zu aktivieren und auch so in den Ruhezustand zu versetzen. So zum Beispiel der Spurhaltewarner oder der Parkpiepser. Auch die Lautstärke des Radios lässt sich manuell bedienen, ebenso die Menüs der Multimediaeinheit. Allerdings dürfte der TFT tatsächlich etwas größer sein, eine höhere Auflösung täte ihm ebenfalls gut und wenn er sich ein kleines bisschen weiter zum Fahrer neigen würde, wäre das auch nicht schlecht.

Allerdings kann er über den USB-Anschluss im Ablagefach der Mittelkonsole auch mit Apple Carplay und Android Auto versorgt werden. Ganz reibungslos funktionierte das während des Tests allerdings nicht, denn ab und an blockierte die Verbindung das Radio oder das fahrzeuginterne Navi. Wobei das gegen den Google-Konkurrenten ohnehin kaum eine Chance bei der aktiven und zeitgenauen Wegfindung hatte. Schön wäre auch ein induktives Ladefeld gewesen, damit nicht immer das Kabel im Weg rumliegt.

Andererseits bietet Mazda für die Nummer 2 einige Features, die in diesem Segment kein Standard sind. Dazu gehört zum Beispiel ein Head-up-Display, das seine Information auf eine aus dem Dashboard ausfahrende Plastikscheibe projiziert oder auch ein adaptiver Abstandsradar, der vor allem auf der Autobahn von Nutzen ist. Das ist dann auch der Moment, wo der sechste Gang greift. Immer dann, wenn der Wagen ohne Leistungsanforderung rollen soll, wird er bedient. Was übrigens auch nachweislich den Verbrauch senkt.

Doch so sparsam der Mazda2 ist, so üppig ist der Anschaffungspreis für ein Fahrzeug, wie es im Test gefahren wurde. 23.000 Euro verlangt Mazda für den 2er in der Sports-Line-Ausführung mit Navi, Technik-Paket, Matrix-LED-Licht, Lichtsensor, automatisch abblendendem Rückspiegel, 16-Zoll-Alu-Rädern, Sitz- und Lenkradheizung sowie elektrischen Fensterhebern vorn und hinten dennoch eine ganze Stange Geld. Geld, für das man unter Umständen schon ein Fahrzeug eine Klasse höher bekommt. Ob das allerdings diese Menge an Features hat, darf bezweifelt werden.

Fazit: Der Mazda2 ist weder ein besonders sportliches Auto noch ein besonders preisgünstiges. Seine Pluspunkte sammelt der Japaner vor allem durch seine Verarbeitung, sein Angebot an zusätzlicher Ausstattung und durch seinen sparsamen Antrieb. Wer vorrangig ein Auto für die Stadt sucht, mit dem man auch mal Strecke machen kann, der ist beim Mazda2 nicht falsch. Allerdings darf er sich auch nicht scheuen, ein erkleckliches Sümmchen dafür auf den Tisch zu legen.

Quelle: ntv.de


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