Coronakrise trifft Minijobber besonders hart

  02 Juli 2020    Gelesen: 373
Coronakrise trifft Minijobber besonders hart

Im Niedriglohnsektor verschärft die Coronakrise die Lage - zu diesem Schluss kommt eine neue Studie. Als Konsequenz fordern die Autoren eine Absenkung der Minijob-Schwelle.

Minijobber sind einer Untersuchung zufolge besonders hart von der Coronakrise betroffen, da sie keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Das geht aus einer Studie hervor, die das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat. So ging die Beschäftigungsquote bei Menschen, die aus Minijobs ihren Haupterwerb bestreiten, im März bereits um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück.

"Die Coronakrise verstärkt die Probleme des Niedriglohnsektors - vor allem für Minijobberinnen und Minijobber. Ohne das Sicherheitsnetz des Kurzarbeitergeldes erleiden sie als Erste Einkommenseinbußen oder verlieren ihre Arbeit", sagte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger. Da Minijobber keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen, entfällt ihr Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Um kommende Krisen besser abfedern zu können, empfehlen die Studienautoren, die Schwelle für Minijobs von 450 auf 250 Euro zu senken. So müssten mehr Beschäftigte Sozialversicherungsbeiträge leisten, wären dadurch aber auch in Krisenzeiten besser abgesichert.

Ruf nach mehr Mindestlohnkontrollen
Seit den Neunzigerjahren ist der Niedriglohnsektor in Deutschland der Auswertung zufolge um mehr als 60 Prozent gewachsen: Im Jahr 2018 verdienten mehr als ein Fünftel aller abhängig Beschäftigten (7,7 Millionen) weniger als 11,40 Euro brutto die Stunde. Mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 8,40 Euro erhielt ein großer Teil von ihnen sogar weniger als den gesetzlichen Mindestlohn. Die Auswertung schätzt die Zahl jener, die unrechtmäßig weniger bekommen, als ihnen zusteht, auf 2,4 Millionen. Hier müssten verstärkte Kontrollen durchgeführt werden, appellieren die Autoren.

Es sind keineswegs nur die einfachen Arbeiten, die mit Niedriglöhnen vergütet werden: So waren 2018 mehr als die Hälfte der Niedriglohnbeschäftigten im Handel, in der Transport- und Lebensmittelindustrie sowie in den Bereichen Bildung, Gesundheits- und Sozialwesen tätig - Berufe, die spätestens seit Corona als "systemrelevant" eingestuft werden. Seit Mitte der Neunzigerjahre ist die Zahl der Menschen mit mittleren oder höheren Qualifikationen im schlecht bezahlten Sektor um knapp eine Million gestiegen - die Gruppe machte 2018 rund 40 Prozent aus.

Der Weg aus dem Niedriglohnsektor in höhere Gehaltsklassen gelingt längst nicht jedem: Jeder zweite Beschäftigte im Niedriglohnsektor verharrte der Langzeitstudie zufolge auch vier Jahre später noch dort. Dabei schafften Männer, höher qualifizierte und jüngere Arbeitnehmer häufiger den Aufstieg als andere.

spiegel


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