Prominente müssen sich Berichte über frühere Fehltritte gefallen lassen

  09 Juli 2020    Gelesen: 784
Prominente müssen sich Berichte über frühere Fehltritte gefallen lassen

Wer vor 40 Jahren an der Uni schummelte, muss Berichte darüber auch heute noch aushalten - das jedenfalls gilt für Prominente, urteilte nun das Verfassungsgericht. Es gebe aber auch Grenzen.

Das Bundesverfassungsgericht stärkt die Pressefreiheit bei der Berichterstattung über weit zurückliegende Fehltritte bekannter Persönlichkeiten. Die Möglichkeit, Dinge zu erwähnen, die der Betroffene ungern über sich in der Zeitung liest, erlösche nicht "schematisch durch bloßen Zeitablauf", entschieden die Richter in Karlsruhe.

Grundsätzlich kann die Presse demzufolge selbst beurteilen, welche Umstände sie für erheblich hält - auch in Zeiten des Internets. Maßgeblich seien das Berichterstattungsinteresse und dass es für die Erwähnung "objektivierbare Anknüpfungspunkte" gebe. Das teilte das Gericht nun mit. (Az. 1 BvR 1240/14)

Geklagt hatte ein Wirtschaftsmagazin. Darin war 2011 ein mehrseitiges Porträt über einen Unternehmer erschienen, der damals eine börsennotierte Firmengruppe leitete. Der Autor erwähnte auch, dass der Vorstandschef Jura studiert habe, wegen eines Täuschungsversuchs aber Anfang der Achtzigerjahre vom Staatsexamen ausgeschlossen worden sei. Dagegen hatte der Mann erfolgreich geklagt. Die Gerichte in Hamburg argumentierten damals, er dürfe nicht dauerhaft an den Pranger gestellt werden.

Keine Gefahr, ausgegrenzt zu werden
Das verkennt nach Auffassung der Verfassungsrichter, dass der Unternehmer öffentlich tätig war und selbst die Öffentlichkeit suchte. Eine Person wie er könne "nicht verlangen, dass ihre in der Vergangenheit liegenden Fehler, nicht aber ihre Vorzüge, in Vergessenheit geraten". Die Gefahr, ausgegrenzt zu werden, bestehe nicht. Der Täuschungsversuch sei "kein Makel, der geeignet wäre, das Gesamtbild einer Person zu dominieren und ein selbstbestimmtes Privatleben des Betroffenen ernstlich zu gefährden".

Die Richter erinnern aber auch daran, dass es andere Fälle geben kann: Menschen, die dazu keinen Anlass gäben, müssten es nicht unbegrenzt hinnehmen, "in aller Öffentlichkeit mit ihrem gesamten, teils lange zurückliegenden Verhalten förmlich zermürbt zu werden".

Das Landgericht Hamburg muss nun noch einmal über die Klage des Mannes entscheiden und die Vorgaben aus Karlsruhe berücksichtigen.

spiegel


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