US-Präsident Donald Trump wollte mit der Begnadigung von Roger Stone einen Schlussstrich in der Russlandaffäre ziehen - er hielt die Verurteilung seines Ex-Beraters und langjährigen Freunds für ungerecht. Doch dem Präsidenten schlägt nach der Entscheidung massive Kritik entgegen, unter anderem vom ehemaligen Sonderermittler in der Russlandaffäre, Robert Mueller.
Dieser soll nun vom US-Kongress zur Begnadigung Stones befragt werden. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, der Republikaner Lindsey Graham, kündigte auf Twitter an, dass er einem entsprechenden Antrag der oppositionellen Demokraten stattgeben werde.
Ob Mueller tatsächlich im Senat aussagen wird, ist allerdings noch unklar. Senator Graham ließ offen, ob er eine sogenannte Subpoena an den früheren FBI-Chef ausstellen wird, also eine Vorladung mit obligatorischem Charakter.
Mueller hatte in einem am Samstag veröffentlichten Gastbeitrag für die "Washington Post" scharfe Kritik an der Begnadigung Stones geäußert. Er sehe sich gezwungen, auf Behauptungen zu reagieren, dass die Ermittlung unrechtmäßig und Stone ein Opfer seines Büros gewesen sei, schrieb Mueller. Dieser bleibe ein "verurteilter Verbrecher". Mueller verteidigte zugleich seine Ermittlungen zur Russlandaffäre. Diese seien von "höchster Bedeutung" für die USA gewesen.
Als Sonderermittler hatte Mueller die Vorwürfe zu illegalen Beziehungen zwischen dem Trump-Wahlkampfteam - mit dem auch Stone zusammenarbeitete - und Vertretern Russlands untersucht. In der im Frühjahr 2019 abgeschlossenen Untersuchung fand Mueller keine Belege dafür, dass es vor der Wahl 2016 Geheimabsprachen zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und Vertretern Russlands gegeben habe. Eine Behinderung der Ermittlungen durch Trump schloss Mueller in seinem Bericht nicht aus.
Stones Straftaten: Falschaussagen, Behinderung von Ermittlungen, Beeinflussung von Zeugen
Stone allerdings war im Februar wegen Vergehen im Zusammenhang mit der Affäre zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden - am kommenden Dienstag hätte er seine Haft antreten müssen. Eine Jury sah es als erwiesen an, dass er sich im Zusammenhang mit Kontakten zur Enthüllungsplattform Wikileaks unter anderem der Falschaussagen, der Behinderung von Ermittlungen und der Beeinflussung von Zeugen schuldig gemacht hat. Stone hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
Wegen der Schwere von Stones Vergehen hatten die Ankläger dem Bundesgericht in Washington zunächst eine Haftstrafe von sieben bis neun Jahren Gefängnis empfohlen. Im Anschluss hatte Trump seiner Wut auf Twitter Luft gemacht, das vorgeschlagene Strafmaß scharf kritisiert und von einer "Verfehlung der Justiz" gesprochen. Daraufhin intervenierte das Justizministerium und bezeichnete die Strafforderung ebenfalls als überzogen. Die vier verantwortlichen Staatsanwälte zogen sich aus Protest gegen diese Einmischung von dem Fall Stone zurück. Ein neu eingesetzter Staatsanwalt sprach sich schließlich für eine mildere Strafe aus.
Aus Trumps Sicht ist Stone - wie auch er selbst - ein Opfer der "illegalen" Russland-Ermittlungen. Der Präsident schrieb am Samstag auf Twitter: "Roger Stone war das Ziel einer illegalen Hexenjagd, die niemals hätte stattfinden dürfen."
spiegel
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