Umweltschutzpflichten in Lieferketten rechtlich machbar

  15 Juli 2020    Gelesen: 794
Umweltschutzpflichten in Lieferketten rechtlich machbar

Dass Unternehmen auch im Ausland Umweltstandards einhalten sollen, sei erstens machbar und zweitens rechtlich begründet, sagen Umweltverbände. Doch die Wirtschaft versuche sich aus ihrer Verpflichtung zu stehlen.

Kontaminierte Böden durch die Förderung von Fracking-Gas in Argentinien, verschmutzte Gewässer in China durch die Textilproduktion oder Brandrodungen für Sojafutter in Brasilien - über ihre Lieferketten sind deutsche Unternehmen immer wieder an Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen im Ausland beteiligt. Über ein Lieferkettengesetz sollen sie zum Schutz der betroffenen Ökosysteme verpflichtet werden - und das sei rechtlich machbar und auch praktisch umsetzbar, teilten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe am Mittwoch gemeinsam mit.

Die Verbände beriefen sich auf ein vom BUND in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das Juristinnen vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und vom Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht erstellt haben.

Das Gutachten zeigt, dass es aus rechtlicher Sicht zulässig und erstrebenswert ist, Unternehmen in einem Lieferkettengesetz zu verpflichten, grundlegende Umweltstandards in ihren globalen Geschäften einzuhalten. Es legt dar, dass die Anforderungen erfüllbar sind und zu mehr Rechtssicherheit für Unternehmen beitragen.

Eine Sorgfaltspflicht könne anknüpfen an internationale Standards, die es schon gebe, sagte Lia Polotzek vom BUND. Im Umweltbereich seien das etwa OECD-Leitsätze für internationale Unternehmen. Es reiche nicht, das Recht am Ort der Produktion oder des Rohstoffabbaus einzuhalten, weil dort die Standards oft gering seien. Pflichten für Unternehmen könnten auch davon abgeleitet werden, dass die Bundesrepublik internationale Umweltabkommen unterzeichnet habe.

BUND: Deutsches Lieferkettengesetz nötig, auch wenn die EU daran arbeitet
Ein Gesetz anstelle freiwilliger Selbstverpflichtungen der Wirtschaft sei nötig, wie die jüngste Unternehmensumfrage des Bundesentwicklungsministeriums zeige, schreiben die Verbände. Deren Ergebnis: Nur 22 Prozent kommen ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht freiwillig nach. "Die Wirtschaft unterbietet sogar ihre selbst gesetzten Mindeststandards. Künftig muss klar sein: Wer Umweltschutz und Menschenrechte missachtet, wird zur Verantwortung gezogen. Dafür braucht es jetzt ein wirksames Lieferkettengesetz!", sagt Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand Greenpeace.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze spricht sich für ein Lieferkettengesetz aus: Freiwilligkeit habe "nicht funktioniert." Den Vorwurf, dass die Regierung damit ihre Aufgabe, etwa Umweltstandards weltweit zu erhöhen, auf Unternehmen abwälze, wies sie zurück: "Wenn unsere Arbeit dadurch torpediert wird, dass Unternehmen weiterhin diese Produkte aus schlechten Bedingungen kaufen, dann macht dies das Geschäft nicht einfacher." Es sei "verrückt", dass Deutschland versuche, international Standards einzufordern, die von den eigenen Unternehmen mit ihrem Kaufverhalten dann wieder unterlaufen würden.

Die Umweltverbände halten zudem ein deutsches Lieferkettengesetz für nötig, auch wenn die EU-Kommission eines auf europäischer Ebene anstrebt. In der EU kämen Mehrheiten leichter zustande, wenn einzelne Staaten schon vorangeschritten seien, sagte BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Polotzek argumentierte, auf EU-Ebene könne der Prozess noch Jahre dauern und es werde "der allerkleinste gemeinsame Nenner" dabei herauskommen. Deutschland als wirtschaftsstarkes Land müsse vorangehen.

spiegel


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