Beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel standen nicht allein Corona-Hilfen und EU-Haushalt im Fokus, sondern es wurden auch zahlreiche Geschenke ausgetauscht - wegen der Corona-Pandemie mit gebührendem Abstand. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron überreichte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu ihrem 66. Geburtstag mehrere Flaschen Burgunder-Weißwein. Von Bulgariens Regierungschef Boiko Borissow erhielt sie ein silbernes Fläschchen bulgarisches Rosenwasser und von Litauens Präsident Gitanas Nauseda einen Dirigentenstab.
"Europäische Dirigentin 2020!", schrieb Nauseda dazu auf Twitter, offenbar in Anspielung auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr. "Auf harmonische Klänge in der europäischen Politik für eine großartige europäische Symphonie!"
Auch vom portugiesischen Regierungschef António Costa gab es ein Geschenk, die Kanzlerin hatte aber dem Ministerpräsidenten eines mitgebracht, denn wie Merkel hat auch er am 17. Juli Geburtstag. So überreichte er ihr den Roman "Die Stadt der Blinden" von José Saramago. Darin geht es um eine Epidemie, in der Menschen plötzlich erblinden. Costa bedachte Merkel und alle anderen Gipfelteilnehmer auch mit einem weiteren Geschenk. Sie erhielten ein personalisiertes Set Designer-Schutzmasken.
Die Kanzlerin bedachte den 59-Jährigen wiederum mit einem Faksimile eines Stadtplans der indischen Stadt Goa aus dem 17. Jahrhundert, aus der Costas Vorfahren stammen. Dazu gab es noch einen Katalog einer Ausstellung des Deutschen Historischen Museums über portugiesische Seefahrer.
Bei ihrem ersten persönlichen Gipfeltreffen seit Beginn der Pandemie trugen die Staats- und Regierungschefs bei der Begrüßung allesamt Maske. Der übliche Handschlag oder auch ein Küsschen auf die Wange wichen dem Ellenbogen-Check. Auch Merkel nutzte diese Art der Begrüßung. Ihren Kollegen Borissow wies sie bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass seine Maske nicht die Nase bedeckte.
Die Chefs der Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei allerdings setzten sich bei einem Vortreffen über die Hygieneregeln hinweg. Auf den Fotos waren sie ohne Maske zu sehen. Tschechiens Regierungschef Andrej Babis ließ sich sogar beim herzlichen Händedruck mit seinem polnischen Kollegen Mateusz Morawiecki und Ungarns Viktor Orban ablichten.
Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel hatte neben Präsenten für Merkel und Costa auch eines für die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen dabei, die am Mittwoch geheiratet hatte. Die drei durften sich jeweils über eine Flasche luxemburgischen Schaumwein freuen. Bettel halte es aber für das schönste Geschenk, wenn es beim Gipfel eine Einigung zum nächsten mehrjährigen EU-Haushalt und dem Corona-Hilfsplan gäbe, sagte eine Sprecherin des Regierungschefs.
Während der Beratungen werden die Chefs die Schutzmasken nicht brauchen. Die Verhandlungen fanden im größten Saal des Brüsseler Ratsgebäudes statt, der normalerweise für EU-Afrika-Gipfeltreffen mit viel mehr Teilnehmern genutzt wird.
Um noch mehr Platz und Abstand zu schaffen, durften Merkel und ihre Kollegen jeweils nur fünf Berater mitbringen. Normalerweise bestehen die Delegationen der Staats- und Regierungschefs oft aus mehr als 20 Leuten.
EU-Staaten treten bei Gipfel auf der Stelle
Die Verhandlungen um das Finanzpaket in Billionenhöhe für den dramatischen Wirtschaftseinbruch in der Corona-Krise bleiben zäh, hieß es beim Sondergipfel in Brüssel am Abend. Die Chance auf Einigung bleibe gewahrt, näher sei man ihr aber auch nicht gekommen, sagte der tschechische Ministerpräsident Andrej Babis.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor gewarnt, die Positionen der 27 Staaten lägen sehr weit auseinander und ein Durchbruch bei dem zweitägigen Treffen sei nicht sicher. Es war das erste persönliche Gipfeltreffen seit fünf Monaten. Merkel hat in den Verhandlungen eine Vermittlerrolle, denn Deutschland führt seit dem 1. Juli den Vorsitz der 27 EU-Länder.
Verhandelt wurde der Vorschlag für ein 750 Milliarden schweres Programm zum wirtschaftlichen Wiederaufbau sowie für den nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen von 1074 Milliarden. EU-Ratschef Charles Michel hob gleich zu Beginn des Gipfels die kniffligsten Streitpunkte aufs Programm.
Stundenlang ging es um den Umfang beider Programme, den Streit um Rabatte für große Beitragszahler zum EU-Haushalt und um die Bedingungen für Krisenhilfen, wie es aus EU-Kreisen hieß. Anschließend wurden drei weitere Knackpunkte debattiert: die Aufteilung der Hilfsgelder, neue Geldquellen für den EU-Haushalt wie Steuern oder Abgaben sowie die Koppelung von EU-Geldern an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit. Bei all diesen Themen lagen die 27 EU-Staaten weit auseinander. Es sei nichts grundsätzlich Neues gesagt worden, hieß es von mehreren Teilnehmern. Dennoch sei die Diskussion offen und nützlich gewesen.
Für 2020 wird ein Einbruch der EU-Wirtschaft um 8,3 Prozent befürchtet. Mit dem 750-Milliarden-Programm soll gegengesteuert werden. Das Geld soll im Namen der EU an den Finanzmärkten aufgenommen werden. Davon sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an Krisenstaaten fließen und 250 Milliarden als Kredite. Die von der Pandemie besonders hart getroffenen Länder wie Italien und Spanien würden am meisten profitieren. Sie dringen auf eine rasche Einigung.
ntv
Tags: