Von der Orgel bleibt nur ein Trümmerhaufen

  19 Juli 2020    Gelesen: 491
Von der Orgel bleibt nur ein Trümmerhaufen

Der Brand in der Kathedrale von Nantes war wohl kein Zufall: Weil das Feuer am Samstagmorgen an drei verschiedenen Stellen ausbrach, liegt der Verdacht nahe, dass es gelegt wurde. Während die Ermittler nach Spuren suchen, prüft die Diözese das Ausmaß der Schäden.

Nach dem Großbrand in der Kathedrale im westfranzösischen Nantes gehen die Ermittler dem Verdacht der Brandstiftung nach. Das Feuer brach an drei verschiedenen Stellen in dem Gotteshaus aus dem 16. Jahrhundert aus, teilte die Staatsanwaltschaft von Nantes mit. Die große Orgel in der gotischen Sankt-Peter-und-Paul-Kathedrale wurde nach Angaben der Feuerwehr wohl "vollständig zerstört".

Die Feuerwehr war gegen 07.45 Uhr am Samstagmorgen von Passanten alarmiert worden, die Flammen hinter der Fensterrose des Gotteshauses wahrgenommen hatten. Rund hundert Feuerwehrleute waren im Einsatz und brachten den Brand nach etwa zwei Stunden unter Kontrolle. Auf Fernsehbildern war eine riesige schwarze Rauchwolke zu sehen, die zwischen den Türmen der Kathedrale im historischen Zentrum von Nantes aufstieg. Außer der Orgel wurden Kirchenfenster und Kunstobjekte durch den Brand zerstört.

Ein technischer Defekt als Auslöser des Brands scheint unwahrscheinlich. Staatsanwalt Pierre Sennès sagte, die Ermittler gingen dem Verdacht der Brandstiftung nach. Die drei Brandherde seien weit voneinander entfernt gewesen. Eine Stelle, an der Feuer ausbrach, sei bei der großen Orgel gewesen. Die Distanz zu den anderen Brandherden sei "fast die ganz Länge der Kathedrale". Bei ersten Untersuchungen der Ermittler seien aber keine Einbruchspuren an den Zugängen gefunden worden.

Holz und Blei machen Orgeln brandanfällig

Die Diözese hat derweil erste Bilder der Schäden veröffentlicht: Große Teile der Hauptorgel sind in den Innenraum der Kirche gefallen und liegen dort nun als verkohlter Trümmerhaufen. Die Orgel und auch ein großes Buntglasfenster aus dem 15. Jahrhundert seien komplett zerstört, teilte die Diözese mit. Auf den Bildern sind zudem ein schwarz ausgebrannter Schrank und großflächige Rußspuren an der Wand dahinter zu sehen.

Orgeln seien sehr brandanfällig, weil dort viel Holz und Blei sei, das gut brenne, erklärte die frühere Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner dem Kölner Domradio. "Orgeln sind einfach das brennbarste Material, das es in Kirchen gibt." Schock-Werner ist die Koordinatorin der deutschen Hilfe für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame.

Kein Vergleich zum Notre-Dame-Brand

Feuerwehrchef Laurent Ferlay sagte, mit dem Großbrand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame im vergangenen Jahr sei das Feuer in der Peter-und-Paul-Kathedrale von Nantes nicht vergleichbar. Das Wahrzeichen der französischen Hauptstadt war bei einem verheerenden Brand im April 2019 schwer beschädigt worden und befindet sich seither im Wiederaufbau. Die Schäden seien auch nicht so enorm wie jene nach einem Großbrand in der Peter-und-Paul-Kathedrale vor 48 Jahren, erklärte Ferlay weiter. Damals sei das Dach so schwer beschädigt worden, dass eine Beton-Bewehrung habe eingesetzt werden müssen. Die Renovierungsarbeiten an dem Gotteshaus dauerten 13 Jahre. Erst 1985 öffnete das Gotteshaus wieder seine Türen. Die Orgel blieb bei dem Brand damals aber fast unversehrt.

Frankreichs neuer Premierminister Jean Castex besuchte Nantes am Nachmittag. Zunächst müssten die Ermittlungen geführt werden, sagte er. Dann gehe es um die "schnellstmögliche" Renovierung, für die er die Unterstützung des Staates zusagte. Präsident Emmanuel Macron dankte den Feuerwehrleuten via Twitter für ihren Einsatz. Die Einsatzkräfte nähmen viele Risiken in Kauf, "um das gotische Juwel der Herzogen-Stadt zu retten", schrieb Macron.

Der Bau der Sankt-Peter-und-Paul-Kathedrale begann im Jahr 1434 und zog sich bis Ende des 19. Jahrhunderts hin. Die 63 Meter hohen Türme stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert. 2015 hatte es bereits in einer anderen Kirche in Nantes gebrannt: Damals wurden Teile der Basilika Saint-Donatien aus dem 19. Jahrhundert zerstört. Die westfranzösische Großstadt hat insgesamt zwei Basiliken und eine Kathedrale.

Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa


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