EU geißelt Deutschlands Export-Erfolg

  27 Februar 2016    Gelesen: 699
EU geißelt Deutschlands Export-Erfolg
Brüssel ruft Deutschland dazu auf, mehr Geld zu investieren und Exportüberschüsse abzubauen. Davon könnten Länder wie Italien und Frankreich profitieren – und auch die deutschen Arbeitnehmer.
Je schlechter es anderen geht, desto stärker wirkt man selbst im Vergleich. So ist das auch in Europa. Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zuletzt Haushalts-Rekordüberschüsse vermeldete und die deutsche Wirtschaft angesichts der enormen Wettbewerbsfähigkeit über massive Exportzuwächse jubelt, tun sich die europäischen Partner schwer. Italien, Frankreich, Portugal werden zu weiteren Reformen angetrieben.

Die EU-Kommission ruft angesichts der wachsenden Ungleichgewichte in Europa die Bundesregierung nun zur Solidarität mit den Partnern auf. Die deutschen Behörden sowie die Unternehmen müssten mehr investieren.

Zudem könnten auch die Löhne künftig stärker erhöht werden. "Es scheint weiterer Raum für Lohnwachstum vorhanden, ohne die deutsche Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden", schreibt die Kommission in ihrem aktuellen Bericht.

Voraussetzungen für mehr Konsum

Es hat gute Tradition, dass Deutschland aus Brüssel ermahnt wird, die Voraussetzungen für mehr Konsum im eigenen Land zu schaffen. Schon im vergangenen Jahr stellte die Europäische Kommission die Bundesregierung unter verschärfte Beobachtung wegen des hohen Leistungsbilanzüberschusses. Deutschland ist für drei Viertel der Überschüsse in Europa verantwortlich.

In vergangenen Jahr erreichte Deutschland wieder neue Rekordwerte von 8,8 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung. Auch in diesem und im kommenden Jahr dürfte der Wert über acht Prozent liegen, erwartet die Kommission.

Verantwortlich dafür sind die niedrigen Ölpreise. Die hohe Wettbewerbsfähigkeit des verarbeitenden Gewerbes trägt das Weitere dazu bei.

Die Kommission beklagt vor allem die Investitionszurückhaltung in Deutschland. Mehr Investitionen könnten Europa insgesamt helfen, so die Argumentation. "Die Hebung seines Wachstumspotenzials wäre für Deutschland von Vorteil", schreibt die Kommission.

Investitionen sind sehr schwach

"Darüber hinaus würden sie angesichts der engen Handels- und Finanzbeziehungen aber auch helfen, vor dem Hintergrund des derzeitigen Nachfrageausfalls die Erholung im Euro-Raum zu stützen."

Spielraum dafür wäre vorhanden. Die öffentlichen Investitionen liegen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung unter dem Schnitt der Euro-Zone. So werde etwa beim Ausbau der Infrastruktur von alternativen Finanzierungsinstrumenten nur wenig Gebrauch gemacht.

Auch die Ausgaben für Forschung und Bildung seien gering. Die deutschen Unternehmen halten sich ebenso zurück. Trotz der günstigen Finanzierungsbedingungen und kräftigen Unternehmensgewinne liegen die Ausgaben für Maschinen und Ausrüstungen unter Vorkrisenniveau.

Experten diskutieren schon länger, wie Deutschland mehr investieren kann. Und gelegentlich gerät die Bundesregierung dabei in die Kritik. "Jeder Volkswirt würde sagen: Jetzt ist die Zeit gekommen, um Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren", sagte Guntram Wolff, Chef des europäischen Thinktanks Bruegel, der "Welt".

Schulen und Straßen sanieren

"Die Bundesregierung könnte Anleihen mit 30 Jahren Laufzeit auf den Markt bringen, um Schulen, Brücken und Straßen zu sanieren. Es ist unverständlich, dass sie das nicht tut."

Die Möglichkeiten dazu hätte Deutschland. "Haushaltspolitischer Spielraum für eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen ist vorhanden, da die Lage der öffentlichen Finanzen gesund bleibt", schreibt die Kommission.

Immerhin erwirtschaftete Deutschland zuletzt einen Haushaltsüberschuss und strebt auch im laufenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt an. "Dies bedeutet, dass weiterhin haushaltspolitischer Spielraum für höhere öffentliche Investitionen bei gleichzeitiger Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorhanden ist."

"Viele Mitgliedsstaaten müssen entschlossener gegen anhaltende Anfälligkeiten wie die hohe öffentliche und private Verschuldung vorgehen", forderte Dombrovksis.

Kommission sorgt sich um FrankreichDie Möglichkeiten dazu hätte Deutschland. "Haushaltspolitischer Spielraum für eine Erhöhung der öffentlichen Investitionen ist vorhanden, da die Lage der öffentlichen Finanzen gesund bleibt", schreibt die Kommission.

Immerhin erwirtschaftete Deutschland zuletzt einen Haushaltsüberschuss und strebt auch im laufenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt an. "Dies bedeutet, dass weiterhin haushaltspolitischer Spielraum für höhere öffentliche Investitionen bei gleichzeitiger Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorhanden ist."

Für viele andere Staaten müsse allerdings die Stabilisierung der Haushalte im Vordergrund stehen, stellte EU-Kommissions-Vize Valdis Dombrovskis klar. "Angesichts der wachsenden externen Risiken und der zunehmenden Volatilität auf den Finanzmärkten müssen die Fundamente unserer Volkswirtschaften dringend gefestigt werden", sagte er.

"Viele Mitgliedsstaaten müssen entschlossener gegen anhaltende Anfälligkeiten wie die hohe öffentliche und private Verschuldung vorgehen", forderte Dombrovksis.

Kommission sorgt sich um Frankreich

Die Kommission sorgt sich insbesondere um die Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs. Der Beitrag der Exporte an der Wirtschaftsleistung sei in den vergangenen Jahren unterm Strich negativ gewesen und werde es voraussichtlich bis 2017 bleiben.

Als Grund wurden hohe Lohnsteigerungen in Verbindung mit einem niedrigen Wachstum der Produktivität genannt. Die Arbeitslosenquote, die 2015 bei 10,5 Prozent lag, wird nach Schätzungen der Kommission kurzfristig nicht sinken.

Bei Italien bemängelte die EU-Behörde erneut die hohe öffentliche Verschuldung, die ihrer Einschätzung nach mit rund 133 Prozent die Schwachstelle des Landes bleibt. Italien habe aber in einigen Bereichen Fortschritte erzielt, auch wenn Risiken blieben, etwa im Bankensektor.

Bei Italien bemängelte die EU-Behörde erneut die hohe öffentliche Verschuldung, die ihrer Einschätzung nach mit rund 133 Prozent die Schwachstelle des Landes bleibt. Italien habe aber in einigen Bereichen Fortschritte erzielt, auch wenn Risiken blieben, etwa im Bankensektor.

Der Länderbericht ist Teil des Europäischen Semesters, das dazu dient, dass die EU-Staaten ihre Wirtschaftspolitik besser koordinieren. In den kommenden Wochen wird die Kommission die Länderberichte mit den EU-Staaten besprechen.

Im April werden die dann mit nationalen Reformprogrammen reagieren. Bis dahin will die Kommission auch festlegen, welche Staaten wegen eines "übermäßigen Ungleichgewichts" verschärft beobachtet werden.

Quelle : WELT.DE

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