Nein, dieses Mal ist es ganz und gar nicht ungehörig mit jener Phase dieses nicht unbedingt historischen Fußballspiels zu beginnen, in der der FC Bayern heftig wankte. Wie schon gegen den FC Barcelona, diese Mannschaft, die nach 90 Minuten im Viertelfinale der Champions League gedemütigt worden war, patzte sich der deutsche Rekordmeister auch im letzten Spiel vor dem Finale durch die ersten Minuten.
Und hatte bisweilen verdammt großes Glück, dass weder Olympique Lyons Kapitän Memphis Depay (4.) noch Karl Toko Ekambi (17.) ihre besten Gelegenheiten nicht nutzten. Einmal war der Winkel zu spitz - Torwart Manuel Neuer war bereits erfolgreich umkurvt - , ein anderes Mal der Pfosten Bayerns bester Verteidiger (gegen Barça hatte er bereits ebenfalls früh einen erfolgreichen Nothilfeeinsatz gegen Lionel Messi). Und dann verhinderte auch noch Jérôme Boateng mit einer Heldengrätsche (13.) Höchstgefahr.
Dass Manuel Neuer in der 60. Minute ebenfalls noch (s)einen Weltklasse-Moment bekam, als er seinen rechten Fuß gerade noch in einen Schuss des völlig freien Ekambi schob, sagt viel über dieses Halbfinalspiel aus, das die Münchner mit 3:0 (2:0) gewannen. Irgendwie souverän, irgendwie auch nicht. Statt als Kollektiv zu glänzen, wie noch gegen das bemitleidenswerte Barça, musste die Mannschaft im Estadio José Alvalade nun auf die individuelle Weltklasse ihrer Protagonisten setzen.
Wie einst Arjen Robben
In der Abwehr waren das dann eben Neuer und Boateng, der zur Halbzeit wegen "muskulärer Probleme" ausgewechselt werden musste, und in der Offensive richteten es wieder einmal Serge Gnabry und Robert Lewandowski. Die beiden besten Angreifer des FC Bayern in dieser Königsklassen-Spielzeit. Gnabry legte erst spektakulär, in allerbester Arjen-Robben-Tradition, vor (18.) und dann völlig mühelos nach (33.), ehe Lewandowski seinen 15. Treffer im laufenden Wettbewerb erzielte. Gemeinsam kommen beide nun auf 24 Treffer - sie sind damit das torgefährlichste Duo in der Geschichte der Champions League.
Nun also Finale. Gegen Paris St. Germain. Gegen diese Mannschaft, die so lange nicht mehr als eine bizarre Ansammlung von Individualisten war, die aber plötzlich den Teamgeist und den Erfolg für sich entdeckt hat. Schnell, schnörkellos in ihrem Spiel - und mit deutlich reduzierten Egos im Duell um die besten Momente. Weder stellt sich der bisweilen arg divenhafte Neymar in den Vordergrund, noch der spektakuläre Kylian Mbappé. Und was den FC Bayern am Sonntag (ab 21 Uhr im ZDF und im Liveticker bei ntv.de) erwartet, davon bekamen die Münchner gegen Lyon eine winzige Idee. Die Durchbrüche von Depay und Ekambi entlarvten die Probleme, die das riskante Spiel der Mannschaft von Hansi Flick mit sich bringt.
Thiago erlaubt sich gefährlichen Rückfall
Sie entstehen, wenn das oft so perfekte und aggressive Pressing nicht richtig greift, wenn sich Spieler wie Thiago gefährliche Laissez-faire-Rückfälle erlauben. Und so mahnte Flick im Anschluss an die Partie auch an, die Bälle nicht so leicht herzuschenken wie in den ersten Minuten. Dass auch seine Außenverteidiger Joshua Kimmich und Alphonso Davies ihre Aufgabe übertrieben offensiv interpretierten und damit für (zu) viele luftige Momente sorgten, hat ihm auch nicht gefallen.
"Wir haben die Räume hinter der Abwehr nicht gut verteidigt. Sie haben uns taktisch schon wehgetan. Die erste Phase des Spiels haben wir nur mit Glück überstanden", gestand Flick. Auf dieses zufällige Element im Bayern-Spiel möchte er im Finale indes nicht vertrauen. "Wir wissen, dass Paris sehr schnelle Spieler hat. Da müssen wir die Defensive ein bisschen anders organisieren."
Weniger hochstehend? Oder doch mit personellen Rotationen? Mit dem wieder genesenen Benjamin Pavard hinten rechts, mit Kimmich im Zentrum - und mit dem nachlässigen Thiago auf der Bank? So wie in den letzten Minuten gegen Lyon - als der Gegner zwar geschlagen war, das Spiel der Bayern aber dennoch deutlich stabiler und ruhiger wirkte? "Ganz egal. Hauptsache wir gewinnen", so sieht's Kimmich.
Quelle: ntv.de
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