Deutschland abgehängt:So hoch sind die Mindestlöhne in Europa
Deutschland erhöhte den erst vor gut einem Jahr eingeführten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde dagegen nicht - und liegt damit weit hinter den übrigen westeuropäischen Staaten. Alle sehen mehr als 9 Euro Stundenlohn vor, in Luxemburg werden sogar 11,12 Euro gezahlt. Auch gemessen am mittleren nationalen Verdienst rangiert der deutsche Mindestlohn der Untersuchung zufolge nur im internationalen Mittelfeld.
Im Nachbarland Frankreich liegt die Untergrenze bei 9,67 Euro, in den Niederlanden bei 9,36 Euro, in Irland bei 9,15 und in Belgien bei 9,10 Euro. In Großbritannien müssen umgerechnet mindestens 9,23 Euro gezahlt werden. Zusätzlich zu einer Erhöhung in Landeswährung ist dieser Euro-Wert auch dadurch beeinflusst, dass das britische Pfund seine langjährige Schwäche gegenüber dem Euro zum Teil wettgemacht hat.
Wegen der niedrigen Inflation stiegen die Mindestlöhne auch preisbereinigt, heißt es in dem WSI-Bericht: In insgesamt 18 Ländern lag die Entwicklung demnach über der niedrigen und in einzelnen Fällen sogar negativen Inflationsrate, weshalb der Mindestlohn etwa auch in Griechenland real stieg, obwohl es dort keine nominale Erhöhung gab.
Die südeuropäischen EU-Staaten haben Lohnuntergrenzen zwischen 3,19 Euro in Portugal und 4,20 Euro auf Malta. Etwas darüber liegt Slowenien mit 4,57 Euro. In den meisten anderen mittel- und osteuropäischen Staaten sind die Mindestlöhne noch deutlich niedriger. Allerdings haben mehrere davon weiter aufgeholt. So müssen etwa in Polen jetzt mindestens 2,55 Euro pro Stunde bezahlt werden.
Die WSI-Tarifexperten kritisierten den deutschen Mindestlohn als zu niedrig: Schaue man auf das relative Niveau, rangiere Deutschland lediglich im internationalen Mittelfeld, heißt es in dem Bericht. Gemessen am jeweiligen Medianlohn, den Vollzeitbeschäftigte verdienen, bekäme ein nach dem Mindestlohn bezahlter Angestellter nur 48 Prozent. Beim Medianlohn handelt es sich um denjenigen Lohn, bei dem die Hälfte aller Beschäftigten mehr und die andere Hälfte weniger verdient.
Einige Wissenschaftler klassifizieren Löhne unterhalb von 50 Prozent des Medians als "Armutslohn". Deutlich höher, nämlich über 60 Prozent des Mittelwerts, liegen die Mindestlöhne unter anderem in der Türkei, Frankreich und Slowenien. Deutlich niedriger sind sie unter anderem in Japan, den USA oder Tschechien.
Quelle: spiegel.de