Moria-Flüchtlingslager steht in Flammen

  09 September 2020    Gelesen: 1010
Moria-Flüchtlingslager steht in Flammen

Starke Winde haben mehrere Brände im Lager Moria auf Lesbos angefacht. Viele der Bewohner flohen in umliegende Wälder. Offenbar wurden Rettungskräfte angegriffen.

In der Nacht ist die Lage im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos eskaliert. Es steht nach dem Ausbruch mehrerer Brände in der Nacht zum Mittwoch nahezu komplett in Flammen. In den frühen Morgenstunden wütete das Feuer weiter, angefacht von Winden mit bis zu 70 Kilometern pro Stunde.

Schon in der Nacht begannen die Behörden laut griechischen Medienberichten mit der Evakuierung des Lagers, nachdem Wohncontainer Feuer gefangen hatten. Über Verletzte oder gar Tote gab es zunächst keine Informationen.

Vorangegangen waren Unruhen unter den Migranten, weil das Lager seit voriger Woche nach einem ersten Corona-Fall unter Quarantäne gestellt worden war. Am Dienstag wurde dann bekannt, dass die Zahl der Infizierten bei 35 liege.

Manche Migranten hätten daraufhin das Lager verlassen wollen, um sich nicht mit dem Virus anzustecken, berichtete die halbstaatliche griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA. Einige Infizierte und ihre Kontaktpersonen, die isoliert werden sollten, hätten sich hingegen geweigert, das Lager zu verlassen und in Isolation gebracht zu werden.

Bilder aus sozialen Netzwerken zeigen dramatische Szenen
"SOS, SOS, SOS, helfen Sie uns, unser Leben ist in Gefahr. Das ganze Camp brennt", sagte Reid al Obeed, ein Bewohner des Camps und Gründer der Moria Weißhelme, dem SPIEGEL via WhatsApp. "Die Feuerwehr kann die Flammen nicht unter Kontrolle bringen. Die Menschen sind auf die Straße geflüchtet, sie suchen Sicherheit."

Ob die Brände von Migranten oder Inselbewohnern gelegt wurden, blieb vorerst unklar - die Angaben dazu gingen zunächst auseinander. Nach Ausbruch des Feuers hätten Lagerbewohner die Feuerwehrleute mit Steinen beworfen und versucht, sie an den Löscharbeiten zu hindern, berichtete der Einsatzleiter im Fernsehen. Sondereinheiten der Bereitschaftspolizei waren im Einsatz. Videos in sozialen Netzwerken zeigten herumirrende, verängstigte Menschen und auch solche, die "Bye bye, Moria!" sangen.

Viele der mehr als 12.000 Migranten und Flüchtlinge, die zuletzt im Lager lebten, flohen in die umliegenden Wälder und auf Hügel, andere machten sich auf den Weg zur Inselhauptstadt Mytilini, wie griechische Medien berichteten. Stellenweise sollen sich ihnen Inselbewohner entgegengestellt und ihnen den Weg versperrt haben.

Lager ist seit Jahren überfüllt
Spannungen habe es in Moria immer gegeben, wegen der Corona-Problematik sei die Situation nun eskaliert, sagte Mytilinis Bürgermeister Stratos Kytelis dem griechischen Staatssender ERT. Man wisse nicht, wo die Menschen nun untergebracht werden sollten, Tausende seien obdachlos. Auch für die Einheimischen sei die Situation eine enorme Belastung.

Das Flüchtlingslager Moria ist seit Jahren heillos überfüllt, zuletzt leben dort nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums rund 12.600 Flüchtlinge und Migranten - bei einer Kapazität von gerade mal 2800 Plätzen.

spiegel


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