„Seine Quellen preiszugeben, ist für einen Journalisten indiskutabel und Assange ist Journalist. Der Deal ist in den Schlagzeilen, weil Rechtsanwältin Robinson aus dem Verteidigerteam von Assange am letzten Freitag dazu in seinem Auslieferungsverfahren ausgesagt hat. Der Vorgang selber ist aber schon aus dem Jahr 2017. Da war Assange noch in der ecuadorianischen Botschaft. Damals trat der US-Abgeordnete angeblich im Auftrag Trumps an Assange heran. Assange hat das sofort abgelehnt.“
Nach der Möglichkeit gefragt, Assange aus der Londoner Haft herauszuholen, damit er seine Whistleblower-Tätigkeit weitermachen kann, ohne Angst vor einer Auslieferung an die USA zu haben, meint Baisch:
„Zur Klarstellung: Assange hat seine Ungehorsamsstrafe von 11,5 Monaten im letzten Jahr voll verbüßt. Seither ist er für die Dauer des von den USA angestrengten Auslieferungsverfahrens in Haft. Anträge auf Haftverschonung, begründet auch mit seinen schweren Gesundheitsstörungen auf Grund der jahrelangen Einzelhaft, waren erfolglos.“
Dass er in einem Hochsicherheitstrakt mit erschwerten Haftbedingungen und jetzt erhöhter Corona-Infektions-Gefahr untergebracht würde, sei durch nichts zu rechtfertigen, so der Rechtsanwalt. „Der britische Innenminister behandelt Assange auf Wunsch der USA als verurteilten Schwerstverbrecher – ein Skandal! Dabei wird auch offensichtlich der Tod von Assange während des möglicherweise noch Jahre dauernden Auslieferungsverfahrens in Kauf genommen.“
Was ist notwendig, um die Lage für Assange zu verbessern?
Letztlich die rechtskräftige Ablehnung des US-Gesuchs, antwortet Baisch. Aber bis dahin: der Druck auf die britische Regierung, zunächst Haftverschonung zu gewähren für die Dauer des Auslieferungsverfahrens, müsse erhöht werden. „Die EU ist gefragt, weil das Verfahren gegen Assange rechtsstaatlichen Erfordernissen Hohn spricht und die fortdauernde Folterung, die UN-Experten und Fachärzte als gegeben ansehen, menschenrechtlichen Garantien zuwiderläuft.“
Das Gericht unter Richterin Baraitser könnte das Verfahren abkürzen, hebt der Jurist hervor, „wenn es das Verbot, jemanden für ein politisches Verfahren an die USA auszuliefern – und das droht Assange ganz offensichtlich, ernst nehmen und das der Verteidigung von Assange konzedieren würde. Und schließlich könnte die US-Verfassung mit ihrem Zusatz, der die Pressefreiheit garantiert, das Auslieferungsverfahren blockieren: Keine der bisherigen US-Regierungen hat die Journalisten mit Strafen überzogen, die von Whistleblowern beschafftes geheimes Material veröffentlicht hatten. Das gilt auch für die Journalisten, die das von WikiLeaks veröffentlichte Material weltweit verwendet haben, das jetzt Gegenstand der Anklage gegen Assange ist.“
Ob Assange im Falle einer eventuellen Auslieferung eine Chance hat, sich zu verteidigen, meint Baisch: „Nein. Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung in den US-Verfahren nach dem Espionage Act kommt es nur darauf an, ob der Beschuldigte klassifizierte Dokumente an Dritte weitergegeben hat. Ob diese zu Recht als geheim erklärt wurden, ob es sich um Nachweise für Straftaten gehandelt hat, ob irgendjemand wegen der Veröffentlichung Probleme bekommen hat, ob die Dokumente nur zur Vertuschung von Kriegsverbrechen bis dahin geheim gehalten wurden, etc. - alles ohne Belang, mit der Folge, dass alle dahingehenden Erklärungen und Beweisanträge als für den Ausgang des Verfahrens „unerheblich“ abgewehrt werden dürfen. Deswegen tut die Verteidigung von Assange gegenwärtig alles, um diese Fragen als Hindernisse für die Auslieferung darzustellen.“
Politische Aspekte treten mehr in den Vordergrund des Prozesses
Aus den schon geschilderten Gründen müsse die Verteidigung mit allen Beweismitteln nachweisen, urteilt der Rechtsanwalt, „dass das Auslieferungsgesuch nicht primär strafrechtliche Gründe hat, sondern mit der Verurteilung von Assange jede Journalistentätigkeit zur Aufdeckung von Skandalen im Militär- und Sicherheitsbereich kriminalisiert werden soll, die klassifizierte Quellen verwendet, z.B. Whistleblower durch Veröffentlichung des von ihnen bereitgestellten Materials unterstützt.“
Der in Australien geborene Assange kämpft dafür, nicht mehr in die Vereinigten Staaten geschickt zu werden, wo ihm die Verschwörung zum Hacken von Regierungscomputern und der Verstoß gegen ein Spionagegesetz im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Diplomaten-Depeschen und vertraulichen Dokumenten durch WikiLeaks in den Jahren 2010-2011 vorgeworfen wird.
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