VfL-Sieg in Hannover: Vier Tore und eine Pyro-Attacke

  02 März 2016    Gelesen: 754
VfL-Sieg in Hannover: Vier Tore und eine Pyro-Attacke
Drei Tore gegen die Kritiker: André Schürrle war bei Wolfburgs 4:0-Erfolg gegen Hannover 96 der Mann des Abends. Doch das geriet beinahe zur Nebensache.
Klaus Allofs sagte die Sätze, die immer zu hören sind, wenn sich Fußball-Fans daneben benommen haben, doch aus seiner Stimme klang weder die übliche Hysterie noch das Verzagen über den allgemeinen Verfall guter Sitten. Der Wolfsburger Sportchef sprach ruhig und mit Bedacht über die Zwischenfälle vor Anpfiff des Niedersachsen-Duells bei Hannover 96. "Das wollen wir nicht sehen, das verurteilen wir. Aber es ist nichts passiert. Das ist erfreulich", sagte Allofs. Er war merklich an verbaler Deeskalation interessiert.

Im Fanblock des VfL hatten vor dem Spiel Bengalische Fackeln gebrannt. Raketen flogen auf den Platz. Ein Geschoss war gar unter dem Dach der Hannoveraner Trainerbank gelandet. Die Betreuer und Ersatztorwart Philipp Tschauner sprangen panisch zur Seite. Verletzt wurde niemand. Die Meinungen über den Zwischenfall waren eindeutig. "Das kann kein Fan sein. Wer so was macht, ist schwach im Kopf", sagte Hannovers Trainer Thomas Schaaf.
Sein Wolfsburger Kollege Dieter Hecking bat bei den Verantwortlichen der Gastgeber um Verzeihung, sprach davon, dass ein solches Verhalten nicht zu tolerieren sei, versuchte allerdings wie Sportchef Allofs, die Debatte nicht entgleisen zu lassen. "So was kommt immer wieder vor. Ich will nichts dramatisieren. Ich glaube, es ist deutlich weniger in Deutschland geworden, was Pyrotechnik angeht", sagte Hecking.

Bis auf einen Punkt an die internationalen Plätze herangerückt

Das war nur zur Hälfte richtig. Denn auch wenn es Zeiten gegeben haben mag, in denen es häufiger gebrannt hat in den Fankurven der Bundesliga, und auch wenn trotzdem immer wieder mal Fackeln auf dem Spielfeld landen: Dass ein solches Geschoss auf der Trainerbank einschlägt und die Protagonisten des Spiels unmittelbar gefährdet, ist ein Sonderfall.

Der Ärger über Teile des eigenen Anhangs, die dem VfL neben dem Imageschaden wohl auch eine hohe Geldstrafe einbringen werden, trübte die Freude über das Spiel, über diesen am Ende deutlichen Sieg beim Tabellenletzten. Der 4:0-Erfolg war eine Art Befreiung für die Wolfsburger, die zumindest übergangsweise bis auf einen Punkt an die internationalen Plätze herangerückt sind, und er war vor allem eine Befreiung für den Mann des Abends.

André Schürrle traf drei Mal, zum 1:0 in der 36. Minute, zum 2:0 in der 59. Minute und zum 3:0 in der 62. Minute. Es waren seine Tore zwei bis vier in dieser Bundesliga-Saison. Hinterher gab er sich keine Mühe, seine Genugtuung zu verbergen. "Es wurde viel geschrieben, viel erzählt. Meine Tore waren eine deutliche Antwort", sagte Schürrle.

Wolfsburg gegen Gladbach, Schaaf gegen Bremen

Seit mehr als einem Jahr ist er in Wolfsburg beschäftigt, genauso lange wartet er auf seinen Durchbruch. Schürrle sitzt oft auf der Bank, zu selten gelingt es ihm, positive Impulse zu setzen. Dazu kommen immer wieder Verletzungen. Vor zwei Wochen hatte Sportchef Allofs wieder einmal Kritik an dem Mann geübt, für den die Wolfsburger Anfang 2014 angeblich 32 Millionen an den FC Chelsea überwiesen haben und der ihrer Meinung nach so langsam damit beginnen könnte, den Kaufpreis mit guten Leistungen zurückzuzahlen. Bei Schürrle bleibe es schwierig, da müsse man nicht drumherum reden, hatte Allofs nach dem 3:2-Erfolg bei der KAA Gent im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gesagt.

Schürrle hat in Hannover noch einmal betont, dass er sich ungerecht beurteilt fühle von der Öffentlichkeit. "Wenn es nicht läuft, kommen alle aus ihren Nestern und haben irgendwas zu sagen", sagte der Offensivspieler. Mit seinem Dreierpack gegen den Tabellenletzten, das ist Schürrles Hoffnung und die Hoffnung der VfL-Verantwortlichen, soll sich alles zum Guten wenden. "Neben den drei Punkten war es ganz wichtig, dass er Selbstvertrauen tanken konnte", sagte Allofs über den Nationalspieler, der sich ja nicht nur Weltmeister nennen darf, sondern im Finale das entscheidende Tor auflegte.
Den Wolfsburgern stehen nun schwere Aufgaben bevor. Am Samstag (15.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) kommt Borussia Mönchengladbach, drei Tage später geht es im Rückspiel gegen Gent. Es kann also nicht schaden, dass Schürrle in Form kommt.

Auch Hannover strebt entscheidenden Wochen entgegen. Die Niederlage gegen Wolfsburg verwarf schon wieder die Aufschwunghoffnungen, die der Sieg am Wochenende in Stuttgart geweckt hatte. Um noch auf den Klassenerhalt spekulieren zu dürfen, braucht die Mannschaft im kommenden Spiel einen Sieg. Der Gegner ist ein besonderer, zumindest für Trainer Schaaf. Am Samstag geht es im Weserstadion gegen seinen langjährigen Arbeitgeber Werder Bremen.

Quelle : SPIEGEL.DE

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