Der SPD-Politiker Martin Schulz hat sich angesichts des Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Joe Biden und Donald Trump um die US-Präsidentschaft besorgt gezeigt: In einer SPIEGEL-Livesendung zur Wahl sagte Schulz am Mittwochmorgen, er habe in der Wahlnacht lediglich zwei Stunden geschlafen. Nach dem Aufwachen habe er kein gutes Gefühl bezüglich des Ausgangs der Wahl gehabt, "und ich habe das auch jetzt nicht".
Er begründete dies mit der Befürchtung, dass das Rennen noch lange offen sein könnte und somit eine Hängepartie drohe. Es zeichne sich ab, dass Trump seine Drohung wahrmache und die Legitimität der Wahl anzweifle. Schulz bezog sich dabei auf einen Tweet des US-Präsidenten, in dem dieser schrieb: "Sie werden versuchen, uns die Wahl zu STEHLEN." Und: "Wir werden sie das niemals tun lassen."
Trumps Attacke richtete sich offensichtlich gegen die Demokraten seines Herausforderers Joe Biden. Der US-Präsident hatte in der Vergangenheit mehrfach über mögliche Wahlmanipulationen schwadroniert, jedoch keine Beweise dafür vorgelegt.
Trump appelliere an niedere Instinkte
Schulz hielt es für unvorstellbar, dass Trump möglicherweise vor Auszählung aller Stimmen einen Sieg reklamieren könnte. "Ein amtierender Präsident eines Landes geht hin und sagt, um so und so viel Uhr ist Schluss", zeigte Schulz sich fassungslos. Nur wenig später tat Trump jedoch genau dies: Während der laufenden Auszählung der Stimmen sagte er im Weißen Haus: "Wir waren dabei, diese Wahl zu gewinnen. Offen gesagt haben wir diese Wahl gewonnen", sagte Trump am Mittwochmorgen (Ortszeit). Rechtlich hat Trumps Siegeserklärung keine Bewandtnis.
Trump sei ein permanenter Appell an die "niederen Instinkte", eine "Ermutigung für alle, die glauben, dass Politik auf Grundlage von Lügen erfolgreich sein kann". Schulz befürchtet, Trump könnte im Fall einer Wiederwahl keine Grenzen mehr kennen. "Es werden sich dann auch Populisten in Europa ermutigt fühlen", so Schulz. "Wir in Europa sind eine der letzten Bastionen der parlamentarischen Demokratie."
Auf die Frage, was die vier Amtsjahre von Donald Trump verändert hätten, antwortete Schulz: "Ich kann kein strukturiertes transatlantisches Verhältnis mehr erkennen." Es herrsche auf fast allen Ebenen Stillstand, "wenn nicht sogar massive Konfrontation".
"Das transatlantische Verhältnis ist schwer belastet"
"Das transatlantische Verhältnis ist schwer belastet", so Schulz. Trump sei das "scheißegal". Er gefährde mit Vorsatz das institutionelle Gefüge des Landes. "Ich kann kein Mindestmaß an Respekt erkennen. Sollte Trump weitere vier Jahre im Amt bleiben, müsse sich Europa zusammenschließen. Demokratische Mindeststandards müssten hochgehalten werden – Standards, die mit einem Präsidenten Trump "eindeutig in Gefahr" seien.
Man müsse zurückkehren zur Stärkung internationaler Organisationen wie Uno, Unesco oder der Weltgesundheitsorganisation. Auch auf dieser Ebene habe Trump den "Zerstörungskurs" gewählt, so Schulz.
Den Demokraten Biden hingegen bezeichnete Schulz als "überzeugten Multilateralisten". Er strebe Ausgleich an in der Friedens-, Sicherheits- und Umweltpolitik.
spiegel
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