Den Schritt hatte die AfD-Bundespartei vor Kurzem angekündigt. Nun erreichte das Oberverwaltungsgericht Münster eine 58 Seiten umfassende Klageschrift, die sich gegen das Tragen von Masken durch die Delegierten auf dem kommenden Bundesparteitag wendet.
So hatte es das zuständige Ordnungsamt im nordrhein-westfälischen Kalkar verfügt. Die Zusammenkunft auf dem dortigen Messegelände Wunderland soll am 28/29. November stattfinden. Die AfD will dort mit mehr als 600 Delegierten auftreten. Auf eine zusätzliche vorgesehene Zahl von rund 100 Gästen wird nach Angaben eines Sprechers verzichtet, doch sind weitere 170 Plätze für Medienvertreter und Organisationsmitarbeiter vorgesehen.
In der Klageschrift für eine einstweilige Anordnung aus der Anwaltskanzlei Gero Höcker, die in der Vergangenheit bereits die AfD vertreten hat, heißt es, man wende sich gegen die Pflicht, unabhängig vom Mindestabstand eine »Alltagsmaske« tragen zu müssen. Diese »Pflicht zur Gestaltung des Bundesparteitags« greife in die »Rechte« und die »ureigensten Selbstbestimmungsregelungen zur Organisation und Gestaltung einer Partei ein«.
Es erschließe sich nicht, warum die Inhaberin eines Supermarkts ihren minütlich wechselnden Kunden zwölf Stunden täglich mit »einem vollständig das Gesicht bedeckenden Visier« bedienen dürfe, ein Delegierter auf dem Parteitag unter Wahrung des Mindestabstands aber »dauerhaft eine Alltagsmaske« tragen müsse, heißt in der Schrift, die dem SPIEGEL vorliegt. Gleiches gelte für Großraumbüros ohne Kunden, in denen ganztägig keine, auf einem Bundesparteitag »ohne Gäste aber ständig eine Alltagsmaske getragen werden« müsse, heißt es unter anderem in der Begründung.
Die aktuellste nordrhein-westfälische Corona-Schutz-Verordnung von Ende Oktober erlaubt Bundesparteitage, wie jüngst auch das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium in einer juristischen Prüfung festgestellt hatte, die auf Bitte der AfD erfolgt worden war.
Die Verordnung sieht aber grundsätzlich eine generelle Maskenpflicht vor, auch im Freien und bei Einhaltung des Mindestabstands. Bei Verstößen dagegen sind die Teilnehmer eines solchen Parteitags von der Veranstaltung auszuschließen. Die Anwaltskanzlei argumentiert nun, bei einem Ausschluss wegen Nicht-Einhaltung der Maskenpflicht würde ein Delegierter vom »Verlust seiner Mitgliedschaftsrechte« betroffen sein.
Während die AfD ihren Bundesparteitag trotz Corona abhalten will, hatte zuvor die CDU ihren für Dezember angesetzten Parteitag auf kommenden Jahr verschoben, ebenso kürzlich die Linkspartei. Die Grünen hingegen halten an diesem Wochenende einen digital gestalteten Bundesparteitag ab, auf dem keine Personalwahlen, aber die Antragsberatung zum Grundsatzprogramm erfolgen soll. Andere Parteien, wie jüngst die FDP-Landesverbände in Berlin und in Rheinland-Pfalz, hatten unter strengen Hygieneauflagen hingegen Präsenzparteitage mit Delegierten vor Ort abgehalten.
Das AfD-Bundesvorstandsmitglied Alexander Wolf erklärte, man sei sich »der besonderen Lage durchaus bewusst, bewerten diese Vorgaben aber als zu weitreichende und damit unverhältnismäßige Eingriffe«. Damit werde die Betätigungsfreiheit von politischen Parteien unangemessen beschränkt, deshalb erfolge nun der Eilantrag.
Begegnungszone für Gespräche mit Journalisten
Der Parteitag in Kalkar soll nach Angaben eines AfD-Sprechers in zwei Hallen abgehalten werden: In der einen mit den Delegierten und den TV-Stationen und deren Mitarbeitern, eine andere Halle ist für die weiteren angereisten Journalisten und Medienvertreter vorgesehen. Zwischen beiden Hallen solle es eine sogenannte Begegnungszone für Gespräche mit Journalisten und AfD-Politikern geben, hieß es.
Nach ihrer Satzung ist die AfD gehalten, noch in diesem Jahr einen ordentlichen Bundesparteitag abzuhalten. Wegen Corona war der ursprünglich im April vorgesehene Bundesparteitag im Frühjahr abgesagt worden. Auf dem Parteitag in Kalkar will die AfD einen sozialpolitischen Leitantrag beraten und verabschieden, dessen Kern das erste Rentenkonzept seit Gründung der Partei sein soll.
Reguläre Vorstandswahlen stehen diesmal bei der AfD nicht an. An zwei Stellen soll in Kalkar allerdings nachgewählt werden: Für den Posten des früheren Bundesvorstandsmitglieds Andreas Kalbitz, dessen Parteimitgliedschaft im Mai durch einen Beschluss des Bundesvorstands annulliert worden war. Und für das seit Januar kommissarisch von Carsten Hütter geführte Amt des Bundesschatzmeisters.
spiegel
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