Nach dem ersten Lockdown in der Corona-Pandemie 2020 haben die gemeldeten Fallzahlen vieler anderer Infektionskrankheiten laut einer Analyse des Robert-Koch-Instituts (RKI) um gut ein Drittel abgenommen. Zwischen März und Anfang August 2020 seien rund 140.000 Fälle gemeldet worden - 35 Prozent weniger, als aufgrund der Daten von Januar 2016 bis Februar 2020 zu erwarten gewesen wären, teilte Sonia Boender vom RKI-Fachgebiet Surveillance auf Anfrage mit. Saisonale Effekte und Trends seien berücksichtigt worden. Die einzige Zunahme wurde für die Hirnentzündung FSME verzeichnet, die von Zecken übertragen wird.
Für die Analyse wurden Zahlen von meldepflichtigen Krankheiten und Erregern wie beispielsweise Grippe, Tuberkulose, Windpocken, Syphilis und Noroviren berücksichtigt. Die Gründe für den Rückgang beschreibt das RKI als vielschichtig und erregerspezifisch. Sicherlich hätten auch die Corona-Maßnahmen einen Einfluss auf die Übertragung von anderen Krankheiten gehabt, erläuterte Boender.
So hätten Maßnahmen wie etwa Schul- und Kitaschließungen, Homeoffice, Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen und Handhygiene insbesondere die Übertragung von Atemwegs- und Magen-Darm-Erregern von Mensch zu Mensch verhindert. Rückgänge gab es zudem bei Krankheiten wie Malaria, die bisher bei Reiserückkehrern diagnostiziert wurden.
In Berlin erst fünf Influenza-Fälle
Auch die aktuelle Grippe-Saison 2020/21 hat nach bisherigen Meldedaten sehr verhalten begonnen. Erfasst sind 266 im Labor bestätigte Fälle seit Anfang Oktober, wie aus dem Wochenbericht der Arbeitsgemeinschaft Influenza hervorgeht. Vor einem Jahr waren es ungefähr zu dieser Zeit schon mehr als 5000. Bereits im Frühjahr 2020 hatte die Grippesaison ein verfrühtes Ende gefunden. Das wurde auch auf die Corona-Maßnahmen zurückgeführt. In Berlin sind sogar erst fünf Influenza-Fälle seit Oktober bestätigt. "Es wird bisher von einer Zirkulation von Influenzaviren auf einem extrem niedrigen Niveau in der Saison 2020/21 ausgegangen", schreiben die RKI-Experten.
Krankheiten wie Windpocken und Keuchhusten traten laut der Auswertung im Untersuchungszeitraum weniger als halb so oft auf wie erwartet. Bei Masern fällt das Minus mit 85 Prozent besonders dick aus. Der Epidemiologe Rafael Mikolajczyk von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erklärte, dass er bei Masern aber weniger den Effekt in den Corona-Einschränkungen suchen würde. Starke Schwankungen von Jahr zu Jahr sind bei Masern üblich. Auch schon Anfang 2020 seien die Zahlen niedrig gewesen.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa
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