Die Einhaltung der Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland ist nach Einschätzung des Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, derzeit "wichtiger denn je". Es sei noch nicht abschätzbar, wie sich die auch in Deutschland aufgetretenen Mutationen des Coronavirus verbreiten, sagte Wieler in Berlin. "Es besteht also die Möglichkeit, dass sich die Lage noch verschlimmert."
Wieler appellierte nachdrücklich, die bereits seit Monaten bekannten Abstandsregeln einzuhalten. Wer sich jetzt mit einem Arbeitskollegen zum Mittagessen treffe und sich beim Essen gegenüber sitze, könne nicht behaupten, die Maßnahmen würden nicht funktionieren. Diese müssten schon richtig genutzt werden, damit sie wirken.
Wie der RKI-Präsident sagte, lässt sich die Infektionslage wegen der Feiertage und der damit verbundenen geringeren Zahl von Arztbesuchen derzeit nicht einfach interpretieren. Es gebe aber eine positive Entwicklung. "Der Anstieg ist vermutlich nicht mehr so steil wie im Dezember." Die Fallzahlen hätten sich stabilisiert. Wieler zeigte sich zuversichtlich, dass das Coronavirus im Jahresverlauf in den Griff zu bekommen sei. "Am Ende dieses Jahres werden wir diese Pandemie kontrolliert haben."
Aktuelle Mobilitätsdaten zeigen dem RKI zufolge, dass der derzeitige Lockdown nicht so effektiv wirkt, wie der vergleichbare im Frühjahr. Er werde nicht mit derselben "Verve" umgesetzt, so Wieler. In allen Bereichen gebe es noch Luft nach oben. Nur durch das konsequente Umsetzen der Maßnahmen, also etwa der Reduktion von Kontakten und dem Verzicht auf unnötige Reisen, könne die Pandemie in den Griff bekommen werden. "Die Mobilität ist immer noch zu groß."
"Heimarbeit schützt die Gesundheit von uns allen"
Gerade auch im Hinblick auf die mutierten Coronaviren, beispielsweise aus Großbritannien und Südafrika, sollte auf nicht erforderliche Reisen verzichtet werden. Alle bisher aufgetretenen Fälle der neuen Formen seien durch Reisende nach Deutschland gebracht worden, sagte Wieler. Die Ausbreitung dieser vermutlich um rund 50 Prozent ansteckenderer Varianten müsse verhindert werden. Bislang gebe es 16 nachgewiesene Fälle der Mutante aus Großbritannien und vier aus Südafrika.
Angesichts des weiterhin hohen Infektionsniveaus in Deutschland appellierte Wieler an Arbeitgeber, Beschäftigten mehr Homeoffice zu ermöglichen. "Jetzt schützt die Heimarbeit die Gesundheit von uns allen - dazu brauchen wir noch mehr verantwortungsvolle Arbeitgeber." Heimarbeit brauche Digitalisierung und Vertrauen - beides bleibe auch nach der Pandemie zentral. Neben vorbildlichen Arbeitgebern, die Homeoffice ermöglicht hätten, gebe es Betriebe, deren Mitarbeiter noch ins Büro fahren oder in denen sogar persönliche Treffen mit mehreren Teilnehmern abgehalten werden, obwohl Arbeit von zu Hause dort grundsätzlich möglich wäre. Wieler betonte, jede Infektion sei eine zu viel. "Die intensivmedizinische Versorgung in Deutschland war wahrscheinlich noch nie so ausgelastet wie heute."
Bei den gemeldeten Corona-Todesfällen ist nach den RKI-Zahlen von Donnerstag erneut ein Tageshöchststand von 1244 erreicht worden. Zudem wurden innerhalb eines Tages weitere 25.164 Neuinfektionen erfasst. Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Fälle pro 100.000 Einwohner liegt bei 151,2 (22. Dezember: 197,6). Die Meldedaten gelten derzeit noch als schwer zu interpretieren, weil Corona-Fälle über Weihnachten und den Jahreswechsel laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa/rts
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