Impfstoff-Vorstoß aus Berlin sorgt für Verwirrung

  29 Januar 2021    Gelesen: 517
Impfstoff-Vorstoß aus Berlin sorgt für Verwirrung

Der fehlende Impfstoff ist derzeit das Thema. Wenn eine Landesministerin dann mitteilt, ihre Kommune könnte Teil der Lösung sein, ist ihr die Aufmerksamkeit sicher. So geschehen in Berlin. Allerdings wissen offenbar weder das fragliche Unternehmen noch der Regierungschef von den angeblichen Möglichkeiten.

Fast überall fehlt Corona-Impfstoff - was liegt da nahe, als ihn direkt in Berlin zu produzieren? Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci stellte ein solches Szenario im Abgeordnetenhaus in Aussicht und sorgte damit für viel Wirbel. Etwa sieben Stunden später die Ernüchterung: Das von Kalayci ins Spiel gebrachte Unternehmen Berlin-Chemie stellte klar, dass es "derzeit" weder Impfstoff produzieren noch abfüllen könne.

"Die Technologie, über die das Unternehmen verfügt, ist für die Produktion von Impfstoffen nicht geeignet", erklärte die Firma schriftlich, ohne Derartiges für die fernere Zukunft komplett auszuschließen. Dennoch bedanke man sich bei der Berliner Senatsverwaltung "für die positiven und konstruktiven Gespräche bezüglich einer möglichen Unterstützung bei der Aufbereitung von Impfstoffen".

"Ich finde, das ist eine gute Nachricht"

Bei Kalayci hörte sich das anders an. "Berlin steht bereit, auch was die Impfstoffproduktion angeht, mitzuhelfen", sagte sie im Abgeordnetenhaus. "Ich habe heute früh unseren Regierenden Bürgermeister unterrichtet, dass ich und meine Behörde in guten Gesprächen sind mit Berlin-Chemie." Das Pharmaunternehmen mit Sitz in Berlin-Adlershof sei bereit, eine Impfstoffproduktion aufzubauen.

"Ich finde, das ist eine gute Nachricht", sagte die Senatorin. "Wir prüfen gemeinsam einen schnellen Ausbau von Impfstoffkapazitäten." Aus ihrer Sicht wäre es "großartig", wenn Berlin so einen Beitrag gegen die Impfstoffknappheit leisten könne. Details nannte Kalayci auch auf Nachfrage eines Abgeordneten nicht. Sie betonte jedoch: "Wir brauchen mehr Impfstoff, das ist Fakt."

Auch Müller muss Kalayci stoppen

Berlin-Chemie ist ein traditionsreiches Unternehmen, das nach eigenen Angaben in der DDR zu den größten Chemie-Betrieben mit Arzneimittelherstellung gehörte. Dort wurden unter anderem Insulin und Penicillin hergestellt. Seit 1992 gehört der Betrieb zur italienischen Menarini-Gruppe, einem Pharmaunternehmen mit Sitz in Florenz.

"Berlin-Chemie hat Ressourcen, hat gute Voraussetzungen, um eine Impfstoffproduktion aufzubauen und auch schnell auszubauen", meinte Kalayci. Eine geeignete Produktionsstätte und Personal stünden zur Verfügung. "Mit unserer Unterstützung gehen wir davon aus, dass ein schneller Ausbau der Impfproduktion möglich ist." Und weiter: "Wir sind jetzt in den Prüfungen." Berlin suche bei dem Thema auch den Kontakt zur Bundesregierung. "Dort ist ja auch die Frage: Wo gibt es in Deutschland Impfstoffproduktionskapazitäten? In Berlin können wir sagen: In Berlin hätten wir diese Kapazitäten."

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller relativierte dies später. "Meine Erkenntnisse sind, dass es nicht um Impfstoffproduktion, sondern um die Abfüllung von Impfstoffen geht", sagte er dem RBB. Aber auch das scheint nun nach der Erklärung von Berlin-Chemie keine kurz- oder mittelfristig umsetzbare Option zu sein.

Quelle: jwu/dpa


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