Portugals Krankenhäuser an den Kapazitätsgrenzen

  02 Februar 2021    Gelesen: 551
Portugals Krankenhäuser an den Kapazitätsgrenzen

Lange verlief die Corona-Pandemie in Portugal glimpflich. Nun breitet sich dort mindestens eine Virus-Mutation rapide aus. Die Krankenhäuser sind an den Kapazitätsgrenzen. Neben Österreich will nun auch Deutschland helfen. Doch auch im Land selbst sehen Experten noch Wege, die Situation in den Griff zu bekommen.

Die Lage in Portugal ist ernst, das zeigt ein Blick auf die Zahlen: Seit Beginn der Pandemie starben in dem 10-Millionen-Einwohner-Land gut 12.400 Menschen, davon mit über 5.500 fast die Hälfte allein in diesem Januar. Bei den Infektionen ist es ähnlich. Rund 43 Prozent der bisher registrierten rund 711.000 Infektionen wurden im Januar nachgewiesen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt fast bei 850.

Doch nicht nur Zahlen spiegeln die Situation wider, auch Bilder: Vor Krankenhäusern in Lissabon bilden die roten Rettungswagen dieser Tage lange Schlangen. In einer Art Triage-Zelten wird an einigen Krankenhäusern bereits ausgewählt, welche Patienten im Krankenhaus behandelt werden – und welche woanders. Im Militärkrankenhaus in Lissabon wurden Betten auf Fluren, in Wartezimmern und bis in die Kantine aufgebaut, mehr Platz gibt es nicht. Kühlmöglichkeiten für Leichen sind seit Tagen knapp.

Auch Lockerungen über Weihnachten tragen zu den Zahlen bei

Die Pandemie verlief in Portugal lange glimpflich. Vor allem im Sommer war das Nachbarland Spaniens für viele Touristen eines der beliebten Reiseziele mit vergleichsweise geringem Corona-Risiko. Doch etwa seit Ende vergangenen Jahres nun verbreitet sich seit Wochen in Portugal die in Großbritannien entdeckte, weitaus ansteckendere Variante des Coronavirus. Flugverbindungen von und nach Großbritannien wurden erst spät im Januar gestoppt. Hinzu kommt, dass die Regeln zur Kontaktreduzierung in Portugal über Weihnachten und Silvester gelockert wurden.

Nun werden die Intensivbetten knapp, am Wochenende hieß es vom Gesundheitsministerium, es seien davon nur noch sieben frei. Zudem fehlt es an medizinischem Personal für die Behandlung von Covid-Patienten. Carlos Robalo Cordeiro vom Krisenstab des Nationalen Ärztebundes sagte der Nachrichtenagentur AP, der Personalmangel führe zu einer wirklich kritischen Situation. Die portugiesische Gesundheitsministerin Temido sagte dem Sender RTP vor wenigen Tagen, man habe Betten verfügbar, aber es sei schwer, Personal zu finden. Deshalb werde man wohl andere EU-Staaten bitten, Medizinerinnen und Mediziner ins Land zu schicken.

Deutschland will Portugal über Bundeswehr helfen

Seit gestern sind nun die Grenzen des Landes weitgehend dicht. Seit Mitte Januar gilt bereits ein harter Lockdown, Kitas und Schulen sowie Geschäfte und Restaurants sind geschlossen. Experten gehen davon aus, dass der Höhepunkt der aktuellen Welle etwa Mitte Februar erreicht wird. Erste Länder haben Portugal bereits Hilfe angeboten. Österreich wird portugiesische Intensivpatienten im eigenen Land behandeln, damit in Portugal Betten frei werden. Deutschland will über die Bundeswehr Unterstützung schicken. Diese schickt am Mittwoch ein medizinisches Hilfsteam aus 26 Personen nach Portugal, wie das Bundesverteidigungsministerium mitteilte. Mitgeliefert werden demnach Beatmungsgeräte, Infusionsgeräte und Krankenbetten.

In Portugal selbst sehen einige Experten noch ungenutzte Stellschrauben, um der Lage Herr zu werden. Mitte Januar erwog die portugiesische Regierung bereits eine Behandlungspflicht für Privatkliniken, in denen noch Intensivbetten frei sein sollen. João Proenca von der Ärztegewerkschaft Portugal forderte in der Tagesschau, dies nun umzusetzen. João Araújo Correia, Vorsitzender des Internistenverbandes, regte im Deutschlandfunk an, Covid-Patienten deutlich früher aus dem Krankenhaus zu entlassen. Bisher werde das erst bei einem negativen Corona-Testergebnis gemacht. Man sei aber spätestens nach zwanzig Tagen nicht mehr infektiös, auch wenn noch Viren nachgewiesen würden, sagte er. Vom Verband der Intensivmediziner heißt es zudem, dass durch eine Verteilung von Patienten über das Land hinweg vieles abgefedert werden könne.


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