Darüber wisse man bislang einfach zu wenig, sagte Lipp, im Deutschlandfunk (Audio-Link). Niemand könne in eine Glaskugel schauen, deshalb müsse man schrittweise und auf Basis derzeitiger Erkenntnisse entscheiden. Erst wenn allen Menschen ein Impfangebot gemacht worden sei und man mit Blick auf die Ansteckung mehr Klarheit habe, stelle sich möglicherweise die Frage, ob es unterschiedliche Regeln für Geimpfte und Nicht-Geimpfte geben sollte.
Abstandsregeln können auch geimpften Menschen zugemutet werden
Wie es in der Empfehlung weiter heißt, könnten einfache Präventionsmaßnahmen wie Abstandsregeln oder Maskentragen auch geimpften Menschen zugemutet werden. Durch Ausnahmen für diese Gruppe bestünde die Gefahr, dass Durchsetzbarkeit und Akzeptanz der Corona-Regeln litten, hieß es.
Der Ethikrat empfiehlt daher, die Einschränkungen für alle Personen zum selben Zeitpunkt aufzuheben. Ausnahmen könnte es lediglich für die strengen Isolationsmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen geben. Generell hält das Gremium tiefgreifende Einschränkungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens nur solange für gerechtfertigt, wie eine Überlastung des Gesundheitssystems durch Covid-Patienten droht.
Impfstoff steht noch nicht ausreichend zur Verfügung
Zuletzt wurde kontrovers über Ausnahmeregelungen für Geimpfte diskutiert. Bundesaußenminister Maas (SPD) hatte solche gefordert, seine Parteikollegin und Justizministerin Lambrecht etwa lehnte das strikt ab. Sie sagte Mitte Januar, es verbiete sich, Geimpfte anders zu behandeln als Nicht-Geimpfte, schon weil es keine wissenschaftlichen Belege gebe, ob die Impfung vor der Weitergabe des Virus schütze.
Innenminister Seehofer (CSU) wies Ausnahmeregelungen ebenfalls zurück und warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft. Er verwies darauf, dass die meisten Menschen noch keinen Zugang zu den Impfungen haben. Auch FDP-Politiker pochten darauf, die Diskussion um Ausnahmeregeln erst zu führen, wenn genügend Impfstoff zur Verfügung steht.
Einzelne Firmen – etwa Fluggesellschaften oder Veranstaltungsunternehmen – hatten Überlegungen öffentlich gemacht, ihre Dienste in absehbarer Zeit nur noch geimpften Menschen anzubieten. Der Ethikrat verwies beim Thema Privatwirtschaft auf die Vertragsfreiheit. Der Verfassungsrechtler Stefan Huster, Professor an der Ruhr-Uni Bochum und Mitglied der Leopoldina, sagte im Deutschlandfunk, wenn Geimpfte das Virus nicht weitergeben, dann fehle der rechtfertigende Grund für die Beschränkungen gegenüber dieser Personengruppe.
Virologe: Erste Daten deuten an, dass Geimpfte Virus kaum weitergeben
Der Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Gießen, Friedmann Weber, ist inzwischen zuversichtlich, dass geimpfte Menschen das Coronavirus kaum weitergeben können. Der Virologe sagte im Deutschlandfunk (Audio-Link), dass erste Daten von AstraZeneca daraufhin deuteten. Bei anderen Impfstoffen werde das noch untersucht. Er gehe aber davon aus, dass das auch bei denen so sein werde. Allerdings könnten infizierte Geimpfte zum Beispiel noch für Menschen gefährlich werden, deren Immunsystem geschwächt sei, betonte er.
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