"In der Nordhälfte kann es chaotisch werden"

  05 Februar 2021    Gelesen: 620
"In der Nordhälfte kann es chaotisch werden"

Noch sind sich die Computermodelle nicht ganz einig, wie schlimm es wird. Doch bereits jetzt steht fest, dass es Menschen im Norden Deutschlands mit ungewohnt winterlichen Verhältnissen in den kommenden Tagen zu tun bekommen. ntv-Meteorologe Björn Alexander erklärt, worin dabei die Gefahr besteht.

ntv.de: Was sagen die aktuellen Berechnungen zum Wintereinbruch am Wochenende?

Björn Alexander: Dass es nach wie vor in Teilen der Nordhälfte ziemlich chaotisch werden könnte. Zumindest für diejenigen, die am Sonntag oder am Montag mit Auto oder Bahn unterwegs sind. Denn auch wenn es nach wie vor noch große Unterschiede bei den Vorhersagen der Wettercomputer gibt: Schnee und zum Teil massive Schneeverwehungen dürften den Verkehr in den betroffenen Regionen nahezu lahmlegen.

Wo schneit es denn am meisten?

Aus der Zusammenschau aller Computerberechnungen ergibt sich momentan eine Zone, die es ziemlich sicher heftig erwischen wird. Das betrifft nach jetzigem Stand vor allem die Bereiche vom nördlichen Niederrhein und dem Münster- und Emsland bis herüber in den Großraum Hannover, Lüneburger Heide und weiter nach Sachsen-Anhalt. Stellenweise sind hier bis Montagabend Neuschneemengen von bis zu 50 Zentimetern nicht auszuschließen. Verbreitet dürften es um die 15 bis 30 Zentimeter werden.

Wie sieht es um diese Schwerpunkte herum aus?

Neben dem Kerngebiet der schlimmsten Schneefälle trifft es auch die Rand- und Übergangsbereiche. Dazu zählen sowohl der Großraum Hamburg als auch weite Teile von NRW bis herüber nach Sachsen und Berlin-Brandenburg. Hier gilt ebenfalls - je nach Voraussage der unterschiedlichen Computermodelle -, dass größere Neuschneemengen möglich sind.

Was sagen denn die schlimmsten Vorhersagen?

Sollte beispielsweise der Ansatz des Europa Swiss Standard (Schweizer Wettermodell) zutreffen, dann ist am Montagabend ganz Deutschland nördlich der Mainlinie inklusive des Schwarzwalds weiß bis sehr weiß. Und insbesondere die Ballungsräume im Westen wären mit über 20 Zentimetern Neuschnee stark betroffen. Das sehen andere Wettercomputer zwar ganz anders. Es zeigt jedoch, wie problematisch die Großwetterlage selbst so kurz vor dem Ereignis ist. Aber es ist eben auch eine extreme Wetterlage, bei der sich sogar Saharastaub unter den Schnee mischen kann - der sogenannte Blutschnee. Ihn zu sehen wird aber gerade am Sonntag schwierig. Da erwarten wir derzeit blizzardartige Verhältnisse.

Was heißt das konkret?

Auf der winterlichen Seite der extremen Luftmassengrenze wird der Wind aus östlichen Richtungen stark bis stürmisch wehen. Die Windgeschwindigkeiten liegen bei um die 40 bis 70, an der Küste auch bis zu 100 km/h. Gleichzeitig fallen in der kalten Polarluft bei frostigen Temperaturen feine Schneeflocken und -kristalle. Eine extrem ungünstige Situation, bei der die tatsächlichen Neuschneemengen noch gar nicht mal unbedingt die ganz große Rolle spielen werden.

Warum nicht?

Die Folge des feinpulvrigen Schnees und des stürmischen Windes sind besonders in windgängigen Bereichen massive Schneeverwehungen. Je nach Gelände sind nämlich durchaus Verwehungen von ein bis zwei Metern Höhe mit entsprechenden Behinderungen auf Straßen und Schienen denkbar. Und nicht nur das. Die Kombination aus Frost und Wintersturm sorgt für eiskalte Temperaturen mit extremem Windchill auf der Haut. So liegen die gefühlten Temperaturen am Sonntagabend in der gesamten Nordhälfte bei minus 10 bis minus 20 Grad.

Sind auch größere Städte vom Eiswind betroffen?

Das betrifft - Stand jetzt - ebenfalls Großstädte wie Berlin, Hamburg oder Hannover mit gefühlten Temperaturen von um die minus 15 Grad. Vor allem für Menschen ohne Unterkunft bahnt sich also eine lebensgefährliche Lage an.

Was ist die Windchill-Temperatur?

Sie beschreibt, im Gegensatz zur gemessenen Temperatur, dass starker Wind die Körperwärme rascher abtransportiert, als das bei Windstille der Fall ist. Je stärker der Wind weht, umso schneller und massiver wird eben auch die Wärme von der Haut weggeweht und umso kühler fühlt es sich an. Deshalb steigt bei einem starken Wind auch die Gefahr von Erfrierungen rapide an.

Mal abgesehen von den winterlichen Bedingungen im Norden: Wie kommt der Süden durchs Wochenende?

Mit dem absoluten Wetterkontrastprogramm. Denn hier macht sich am Samstag der gefühlte Vorfrühling breit. Mit Saharaluft und einem milchigen Schleier am Himmel und ein paar Wolken, die aber auch der Sonne noch Platz lassen. Die Wettergrenze formiert sich derweil über den Mittelgebirgen, und noch weiter nordwärts kämpft sich der Dauerfrost mit einem eiskalten Wind und Schnee oder Schneeregen zurück. Die Temperaturen sind dementsprechend unterschiedlich: 11 bis 15 oder 16 Grad im Süden und minus 2 bis 0 Grad im Norden und Nordosten.

Und am Sonntag?

Da fällt der Tag im Süden immer öfter ins Wasser, mit teils viel Regen bei 6 bis 10 Grad. Nördlich der Mainlinie öffnet hingegen der Winter seine Tore. Der Wind dreht rasch auf Ost bis Nordost, weht lebhaft bis stürmisch, und es schneit - teilweise lang anhaltend und sehr ergiebig bei Höchstwerten zwischen minus 7 und plus 1 Grad.

Was bringt uns das Wetter nächste Woche?

Montag, Dienstag und Mittwoch verlaufen teilweise hochwinterlich. Besonders in den eingeschneiten Landesteilen können die Nächte unter Wetterberuhigung und unter klarem Himmel auf deutlich unter minus 10 Grad abrauschen.

Und tagsüber?

Bewegen sich die Höchstwerte am Montag zwischen minus 8 Grad im Osten und plus 8 Grad am Oberrhein. Dienstag und Mittwoch bringen uns dann maximal noch minus 8 bis plus 5 Grad. Anschließend könnte es von Westen und Südwesten schrittweise milder werden.

Quelle: ntv.de


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