Vorerst kein Truppenabzug: Nato setzt Einsatz in Afghanistan fort

  19 Februar 2021    Gelesen: 572
    Vorerst kein Truppenabzug:   Nato setzt Einsatz in Afghanistan fort

Deutschland und die anderen Nato-Staaten werden ihren Einsatz in Afghanistan bis auf Weiteres fortführen – trotz der Gefahr, damit spätestens im Mai eine neue Eskalation der Gewalt zu provozieren.

Man habe keinen endgültigen Beschluss über die zukünftige Präsenz in dem Krisenland gefasst, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag, nach Beratungen mit den Verteidigungsministern der 30 Bündnisstaaten. Es solle nun erst noch einmal geprüft werden, ob die Taliban die Bedingungen für einen Rückzug der Nato erfüllt hätten.

Dazu gehöre, dass die militant-islamistischen Gruppe „in gutem Glauben“ mit der Regierung in Kabul über eine friedliche Lösung des innerafghanischen Konflikts verhandle. Zudem müssten die Taliban ihrer Verpflichtung nachkommen, die Zusammenarbeit mit internationalen terroristischen Gruppen einzustellen und auch die Gewalt gegen ihre Gegner in Afghanistan zu reduzieren.

Die rund 10.000 Soldaten aus Nato-Ländern und Partnernationen werden damit vorerst in Afghanistan bleiben, um die demokratisch gewählte Regierung durch die Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften zu unterstützen. Unter ihnen sind auch rund 1100 deutsche Soldaten. Die Bundeswehr ist bereits seit rund 19 Jahren in Afghanistan.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie die Taliban auf den Kurs der Nato reagieren. Den Aufständischen war von den USA über das sogenannte Doha-Abkommen nämlich ein Abzug aller ausländischen Soldaten bis Ende April in Aussicht gestellt worden, um sie zu Friedensgesprächen zu bewegen. Mit der Entscheidung, jetzt noch keinen Rückzug anzuordnen, gilt es allerdings als so gut wie sicher, dass Nato-Truppen länger in Afghanistan sein werden. Grund dafür ist, dass ein geordneter Rückzug hochkomplex ist und mindestens zwei Monate dauern dürfte.

Die Taliban hatten zuletzt mitgeteilt, jeder, der eine „Verlängerung der Kriege und der Besatzung“ anstrebe, werde dafür haftbar gemacht werden. Bereits Anfang Februar hatten sie gedroht, eine Aufkündigung des Doha-Abkommens werde „zu einem großen Krieg führen“.

Nach Angaben aus Bündniskreisen soll noch versucht werden, die Taliban dazu zu bewegen, eine Verschiebung der Frist für den Truppenabzug zu akzeptieren –offiziell prüft die neue US-Regierung zudem noch immer einen möglichen Abzug bis Ende April.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin habe bei dem Nato-Treffen zugesagt, sich mit den Verbündeten zu beraten, während geprüft werde, ob sich alle Parteien an die Bedingungen des Abkommens hielten, teilte das Pentagon mit. Austin habe zudem versichert, dass die USA „keinen übereilten oder ungeordneten Abzug“ der Truppen vornehmen würden.

Als noch größeres Risiko wird von den Alliierten aber gesehen, dass die Taliban kurz nach einem vollständigen Truppenabzug mit Waffengewalt die Macht in Afghanistan übernehmen könnten. Für die junge Demokratie in Afghanistan und Fortschritte bei Frauenrechten oder Medienfreiheit wäre eine solche Entwicklung vermutlich der Todesstoß. Zudem drohte Afghanistan nach westlicher Lesart wieder ein Rückzugsort für internationale Terroristen zu werden, die Angriffe auf Nato-Länder planen. Für die Nato wäre das ein Desaster: Der fast zwei Jahrzehnte währende Einsatz mit Tausenden Todesopfern wäre dann quasi umsonst gewesen.

snanews


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