Chef der »Bilanzpolizei« tritt im Wirecard-Skandal zurück

  25 Februar 2021    Gelesen: 494
Chef der »Bilanzpolizei« tritt im Wirecard-Skandal zurück

Der Präsident der »Bilanzpolizei« DPR tritt ab: Edgar Ernst steht wegen umstrittener Aufsichtsratsmandate in der Kritik – außerdem deckte sein Verein den Bilanzbetrug bei Wirecard nicht auf.

Im Skandal um den gewaltigen Bilanzbetrug bei Wirecard muss sich die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung einen neuen Chef suchen. Präsident Edgar Ernst hat seinen Rücktritt angekündigt. Er werde sein Amt auf eigenen Wunsch vorzeitig zum 31. Dezember 2021 niederlegen, teilte die auch als »Bilanzpolizei« bekannte DPR mit.

Die als privater Verein organisierte DPR steht im Wirecard-Skandal unter Druck, weil sie das milliardenschwere Bilanzloch des Aschheimer Unternehmens nicht aufdeckte. So hatte die Finanzaufsicht Bafin zwar von der »Financial Times« vorgebrachte Hinweise auf Bilanzmanipulation an die zuständige DPR weitergegeben. Dort versandete der Auftrag, die Prüfstelle soll nur über wenig Personal verfügen. Ohne forensische Mittel habe man keine Chance gehabt, die Machenschaften bei dem Zahlungsanbieter aufzudecken, verteidigte sich Ernst vor zwei Wochen im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

DPR kämpft um Anerkennung als Prüfstelle
Ernst selbst stand zuletzt zudem wegen seiner Aufsichtsratsmandate und den daraus möglicherweise entstehenden Interessenskonflikten in der Kritik. Neben seiner Tätigkeit als DPR-Präsident gehört Ernst den Kontrollgremien des Immobilienkonzerns Vonovia, des Handelskonzerns Metro und des Touristikkonzerns TUI an. Die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe mahnte Unabhängigkeit an: »Aufsichtsratsmandate vertragen sich nicht mit den Aufgaben des obersten Bilanzpolizisten«, sagte sie. Jeder Anschein eines Interessenkonflikts müsse vermieden werden. Ernsts Augenmerk habe zuletzt offenkundig »vor allem auf der Sammlung von wohlvergüteten Ämtern« gelegen.

Die Bundesregierung hat den Vertrag mit der DPR zum Jahresende 2021 gekündigt. Der Verein bemüht sich nun darum, auch künftig anerkannt zu werden: Mit dem Rücktritt wolle Ernst »der DPR für den Fall der Anerkennung als Prüfstelle ab dem Jahr 2022 einen personellen Neuanfang ohne die um seine Person entstandene Diskussion zur Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten ermöglichen«, teilte der DPR-Vorstandsvorsitzende Rolf Pohlig mit. Die DPR erklärte, ab 2022 würden durch das Präsidium und andere Mitglieder der Prüfstelle keine Aufsichtsratsmandate mehr wahrgenommen – so wie es der Gesetzgeber vorsehe.

Nach der misslungenen Wirecard-Prüfung hat die Bundesregierung Gesetzesänderungen angestoßen, mit denen bei der Bafin Kompetenzen aufgebaut werden sollen und das zweistufige Verfahren der Bilanzprüfung aus DPR und Bafin abgeschafft wird. Die DPR soll nur noch für Stichproben in Routinefällen zuständig sein. Die DPR hatte den Auftrag im Februar 2019 erhalten, bis zur Wirecard-Insolvenz im Juni 2020 lagen ihr keine Ergebnisse vor.

spiegel


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