Eisenmann geht Kretschmann frontal an

  02 März 2021    Gelesen: 574
Eisenmann geht Kretschmann frontal an

Im baden-württembergischen TV-Duell versuchen sich Amtsinhaber Kretschmann und seine Herausforderin, Kultusministerin Eisenmann, in Abgrenzung. Schmissige Attacken landet dabei vor allem die CDU-Kandidatin. Auch wenn sie sich ebenso wie der SWR einen Lapsus erlaubt.

Susanne Eisenmann stand vor dem TV-Duell mächtig unter Druck. Die CDU-Spitzenkandidatin musste unbedingt punkten. In knapp zwei Wochen ist Landtagswahl und ihr grüner Gegner Winfried Kretschmann liegt in den Umfragen deutlich vorn. Die Frage war also: Welche Taktik würde die Kultusministerin wählen? Würde sie den beliebten Amtsinhaber und Koalitionspartner frontal angreifen? Kretschmann musste die Herausfordererin zwangsläufig kommen lassen. Es wurde ein Zweikampf mit Haken und Ösen. Und einem echten Schnitzer. Das TV-Duell in der Kritik:

Wer war angriffslustiger?

Ganz klar Eisenmann. Gleich bei der ersten Frage von SWR-Chefredakteur Fritz Frey bringt sie eine Spitze unter. Ob der Kurswechsel Kretschmanns hin zu einer Lockerung des Lockdowns mithilfe von Schnelltests denn in ihrem Sinne sei? "Besser spät als nie", sagt die CDU-Frau. Zweimal weist sie recht unverblümt auf Kretschmanns Alter hin. Der 72-Jährige könne sich nicht mit dem Astrazeneca-Vakzin impfen lassen - denn der Impfstoff sei bisher nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren. Gegen Ende wundert sie sich noch, dass Kretschmann jüngst Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz bei einer Frage nach möglichen Nachfolgern so hervorgehoben hat, wo der Regierungschef doch immer betone, für fünf volle Jahre anzutreten. Und lacht, als Kretschmann erklärt, das sei ein Missverständnis gewesen.

Das frechste Zitat

Das haute Eisenmann raus. "Eine Politik der ruhigen Hand ist gut, sie sollte dabei aber nicht einschlafen." Dabei nimmt sie Kretschmanns Politik der "Runden Tische" - etwa mit der Autoindustrie - auf die Schippe, bei denen nicht viel rauskomme. Der Landesvater zieht die Augenbrauen hoch und sagt: "Da bin ich erstaunt, Frau Kollegin." Beim Strategiedialog Automobilwirtschaft werde keineswegs nur geplauscht, sondern der bringe regelmäßig innovative Projekte hervor, verteidigt er sich.

Echte Neuigkeiten

Hatte Kretschmann im Gepäck, und zwar gute für alle Heimwerker. Der Grüne will bald die Baumärkte im Südwesten wieder öffnen lassen. Bayern habe das schon gemacht. "Das kann man als nächsten Schritt machen, damit wir keinen Tourismus bekommen - das ist immer ungut in der Pandemie." Doch insgesamt gab sich der Regierungschef eher wieder skeptisch, was baldige Öffnungen angeht. Dass Montag - wie Eisenmann es gern hätte - die weiterführenden Schulen wieder aufgehen, sieht er noch nicht. Und überhaupt: Die Infrastruktur für massenhafte Tests könne man nicht von heute auf morgen auf die Beine stellen.

Die gewagteste Behauptung

Kam von Eisenmann. Ziemlich am Anfang hält sie dem Ministerpräsidenten vor, sie vor dem Bund-Länder-Treffen zur Corona-Politik an diesem Mittwoch nicht gut informiert zu haben. So habe er ihr nicht mal sein Papier für mögliche Lockerungen zukommen lassen, sie habe alles der Presse entnehmen müssen. "Es ist uns seitens der CDU nicht zugegangen." Kurze Zeit später verschickt Kretschmanns Sprecher Beweisfotos, dass die E-Mail noch am selben Abend an Eisenmanns Büroleiter gegangen sei. Aus ihrem Lager heißt es darauf: Es empfehle sich eben immer noch der Postweg.

Die größte Panne

Unterlief ausgerechnet dem Veranstalter des Duells. Zu Beginn hatte Moderator Frey extra noch darauf hingewiesen, er werde penibel darauf achten, dass beide Kontrahenten die gleiche Redezeit bekämen. Doch dann das: Nach knapp einer halben Stunde blendet der Sender die Redeanteile ein: 8:44 Minuten für Kretschmann, 12:31 Minuten für Eisenmann. Frey merkt sofort an, da könne etwas nicht stimmen, weil der Regierungschef deutlich mehr gesprochen hatte. Und tatsächlich: Etwas später korrigiert der SWR, Kretschmann liege bei etwa 15 Minuten und Eisenmann bei knapp neun Minuten. Kurzerhand verlängert der SWR die Sendung um etwa zehn Minuten, um das auszugleichen.

Und wer hat gewonnen?

Als Quasi-Kampfrichterin hatte der SWR die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele engagiert. Sie fand, es sei ein "Duell der vertanen Chancen" gewesen. Für unentschlossene Wählerinnen und Wähler sei es keine Hilfe gewesen. Eisenmann sei erst spät angriffslustiger geworden. Aber: "Da hat sie nicht mal einen Punktsieg nach Hause gefahren." Kretschmann habe seine Rolle als Landesvater souverän gespielt, meinte die Professorin an der Hertie School of Governance in Berlin. Die SPD-Opposition sah sich selbst als Sieger: Das TV-Duell habe an die letzten fünf Jahre Grün-Schwarz erinnert: "Es reißt keinen vom Hocker. Sie trauen sich nicht und sie trauen sich auch nichts zu." Es müsse was Neues her.

Quelle: ntv.de, Henning Otte und Nico Pointner, dpa


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