Ein erneuter Anstieg der amerikanischen Anleiherenditen hat die US-Aktienmärkte in die Knie gezwungen. US-Notenbankchef Jerome Powell sieht den jüngsten Zinsanstieg nicht als Grund, um von seinem momentanen ultralockeren geldpolitischen Kurs abzuweichen. Selbst wenn sich die Bedingungen am Arbeitsmarkt verbessern sollten, werde die Fed nichts überstürzen: "Ich erwarte, dass wir geduldig bleiben", sagte Powell auf einer Online-Veranstaltung des "Wall Street Journal" zum Arbeitsmarkt. Einige Investoren hatten angesichts der an den Börsen grassierenden Inflationssorgen mit Signalen bezüglich der Anleihekäufe der Fed gerechnet.
An den Anleihemärkten zogen die Renditen in Reaktion auf Powells Rede deutlich an, der Dollar legte zu. An den Aktienmärkten verstärkte sich unterdessen die Talfahrt. In seiner Rede hat Powell Inflationssorgen gedämpft und eine Zinserhöhung für die nähere Zukunft praktisch ausgeschlossen. Mit dem Aufschwung sei zwar mit einem Anziehen der Preise zu rechnen. Aber es werde sehr wahrscheinlich im Zuge einer einsetzenden Konsumwelle nach Abebben der Pandemie bei einem Einmal-Effekt bleiben. Er rechne nicht damit, dass ein Preisauftrieb sich verfestige. Doch werde die Fed nicht denselben Fehler begehen wie in den 1960er und 1970er Jahren, als sie zu spät auf den sich aufbauenden Inflationsdruck reagiert habe. Hohe Inflation sei ein sehr schlechter Zustand.
Wohl keine Vollbeschäftigung in 2021
"Die Fed wird das nicht wieder zulassen", betonte Powell. Er wiederholte, dass die Fed von ihrem Ziel einer stabilen Inflation von 2 Prozent "weit entfernt" sei. Zudem sei für dieses Jahr nicht mit dem Erreichen des Ziels der Vollbeschäftigung zu rechnen. An eine Zinserhöhung sei erst in einem Umfeld zu denken, in dem die Wirtschaft sich praktisch wieder von der Corona-Krise erholt habe. "Realistischerweise betrachtet, wird das noch geraume Zeit dauern." Die Notenbank werde die Zinsen nicht erhöhen, um die Konjunktur abzukühlen, nur weil die Beschäftigungszahl hochgehe.
Powell hatte erst jüngst betont, dass die US-Wirtschaft angesichts der Virus-Krise noch für eine geraume Zeit auf Hilfen der Währungshüter angewiesen sei. Die US-Notenbank greift der US-Konjunktur derzeit unter anderem mit sehr niedrigen Zinsen und monatlichen Wertpapierkäufen im Volumen von 120 Milliarden Dollar unter die Arme. Powell bekräftigte nun, es sei noch ein langer Weg bis zum Erreichen der Ziele der Fed.
Ende Februar hatten Spekulationen auf eine anziehende Inflation und einen vorzeitigen Ausstieg der Notenbanken aus ihrer ultra-lockeren Geldpolitik einen Ausverkauf am Anleihemarkt ausgelöst. Die richtungweisenden zehnjährigen US-Bonds rentierten zuletzt bei plus 1,54 Prozent, gut einen halben Prozentpunkt über dem Niveau vom Jahresanfang.
n-tv
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