Die Sicherheitslage in dem westafrikanischen Land ist seit Ausbruch des Bürgerkriegs 2002 angespannt. Waffenstillstandsabkommen und Friedensverträge, die seither zwischen Regierung und Rebellen geschlossen wurden, haben sich als brüchig erwiesen.
Am Sonntag haben nun erstmals islamistische Terroristen der Organisation al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQIM) in der Elfenbeinküste zugeschlagen. Die Regierung in Abidjan hatte den Kampf gegen Dschihadisten schon vor Jahren zu einer ihrer wichtigsten Aufgaben erklärt. Die Armee verstärkte besonders im Norden des Landes ihre Präsenz, um zu verhindern, dass Kämpfer aus Mali oder Burkina Faso einsickern.
Touristen hielten Schüsse offenbar für Feuerwerk
Nun hat AQIM nicht im Norden angegriffen, sondern im äußersten Süden der Elfenbeinküste. Grand-Bassam liegt 40 Kilometer östlich der Hauptstadt Abidjan. Die Stadt gehört wegen ihrer gut erhaltenen Häuser aus der französischen Kolonialzeit seit 2012 zum Unesco-Welterbe. Wegen seiner Strände ist Grand-Bassam ein beliebtes Ziel für einheimische und ausländische Urlauber - besonders am Wochenende.
Zunächst hielten die Touristen die Schüsse offenbar für Feuerwerk. Ein französischer Besucher sagte dem Radiosender RTL, ein Sicherheitsmann habe die Gäste noch beruhigt und behauptet, ein Kollege habe lediglich Warnschüsse abgegeben, um Jugendliche zu vertreiben, die ohne zu bezahlen auf den kostenpflichtigen Strand gelangen wollten.
Überlebende des Massakers schildern grausame Szenen. Die vermummten Angreifer kamen zur Mittagszeit: Sie sollen mehreren Restaurantbesuchern gezielt in den Kopf geschossen haben. Auch ein Kind wurde aus kürzester Entfernung getötet.
Die Belgierin Charline Burton versteckte sich mit ihrer kleinen Tochter zwei Stunden lang auf einer Toilette: "Sie waren überall um uns herum", sagte sie der BBC. "Wir hörten sie schießen: Tack-tack-tack-tack-tack."
Es ist das dritte Mal innerhalb weniger Monate, dass AQIM in Westafrika Luxushotels angreift:
Am 20. November 2015 nahmen zwei Qaida-Terroristen in Malis Hauptstadt Bamako 170 Gäste des Radisson-Blu-Hotels als Geiseln. Bei dem Überfall und der anschließenden Befreiungsaktion wurden 20 Hotelgäste und die beiden Angreifer getötet.
Am 15. Januar 2016 stürmten Qaida-Terroristen zwei Hotels und ein Restaurant in Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Sie nahmen rund 200 Personen als Geiseln. Etwa 30 Menschen wurden getötet, darunter drei Angreifer. Mehreren Qaida-Milizionären gelang die Flucht.
Kampf gegen Frankreich
In den Bekennerschreiben begründete AQIM die Attentate immer mit dem Kampf gegen den Einfluss Frankreichs in der Region. Zu den Motiven für den Anschlag von Grand-Bassam lieferten die Terroristen bislang keine Erklärung.
Die Angriffe der vergangenen Monate gehen auf das Konto der Splittergruppe al-Murabitun. Die Truppe unter dem Kommando des einäugigen Dschihadisten Mokhtar Belmokhtar hatte sich Ende vergangenen Jahres offiziell AQIM angeschlossen. Belmokhtar wurde schon mehrfach für tot erklärt. Zuletzt hieß es im Juni 2015 nach einem US-Angriff in Libyen, dass der gebürtige Algerier getötet worden sei. Doch offenbar entsprach diese Meldung der libyschen Regierung nicht der Wahrheit.
Stattdessen ist es den Terroristen unter seiner Führung gelungen, ihr Operationsgebiet deutlich zu vergrößern. Im Januar 2013 überfielen Belmokhtars Kämpfer das Gasfeld Ain Amenas in Algerien. Drei Tage lang hatten sie Hunderte Arbeiter in ihrer Gewalt, 67 Menschen wurden getötet.
In Algerien liegen die Wurzeln des islamistischen Terrors in Nordwestafrika. Aus der Bürgerkriegsmiliz Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) hat sich al-Qaida im Islamischen Maghreb entwickelt. Längst hat sie in anderen Staaten der Region Fuß gefasst: In Libyen, Mali, Mauretanien, Burkina Faso - und nun in der Elfenbeinküste.
Quelle : spiegel.de
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