Angesichts des schleppenden Fortgangs der Impfkampagne in Deutschland sollen bald auch niedergelassene Ärzte und Betriebsärzte im großen Stil Corona-Impfungen vornehmen. Eine entsprechende Verordnung habe das Bundesgesundheitsministerium bereits in der Schublade, berichtet der "Spiegel". Details sollen demnach am Montag in einer Konferenz der Gesundheitsminister und -ministerinnen von Bund und Ländern besprochen werden.
Von der Einbindung der Hausärzte und auch der Betriebsärzte in die Impfstrategie erwarten die Gesundheitsbehörden eine deutliche Beschleunigung des Impftempos. Der Vorlage zufolge sollen Impfzentren ab April eine feste Impfstoffmenge vom Bund erhalten. Alle zusätzlich gelieferten Dosen sollen dann an Praxen und Betriebsärzte und -ärztinnen gehen, Pharmagroßhandel und Apotheken sollen die Verteilung organisieren.
Der Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, hatte am Samstag in der "Augsburger Allgemeinen" angekündigt, dass er davon ausgehe, dass im zweiten und dritten Quartal so viel Impfstoff zur Verfügung stehen werde, "dass ihn die Zentren nicht mehr verimpfen können". Gegen eine frühere Beteiligung der Hausärzte sprachen aus seiner Sicht neben dem Impfstoffmangel auch die fehlenden Kühlmöglichkeiten und mögliche Probleme, die korrekte Impfreihenfolge einzuhalten. Da könnte sich mancher Hausarzt "schwertun", so Mertens.
Impfschema als Empfehlung
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schlug vor, die Impfreihenfolge zu lockern, um das Impftempo zu erhöhen. "Wir können uns keineswegs erlauben, Impfdosen stehenzulassen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Ich bin deshalb dafür, dass man zusätzlich zu den Impfzentren so schnell wie möglich in den Arztpraxen impft und dass das feste Impfschema dort dann wirklich nur noch eine Empfehlung ist, denn Ärzte sind es gewohnt, zu priorisieren, und sie sollten das in eigener Verantwortung machen." So soll es auch im Konzept des Bundesgesundheitsministeriums stehen.
Der Immunologe Michael Meyer-Hermann empfiehlt, die Impfgruppen nach der Menge ihrer Kontakte zu priorisieren. Jene mit vielen Kontakten zuerst zu impfen "hätte eine viel größere Wirkung", als weiter nach Alter vorzugehen, sagte der Experte vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung dem Berliner "Tagesspiegel". Durch die Impfung zuerst der älteren Bevölkerung sei die Todesrate deutlich gesenkt worden - aber dies sei die Gruppe mit den wenigsten Kontakten, eine Wirkung auf die Epidemie habe dies nicht.
"Ab einem gewissen Zeitpunkt ist Geschwindigkeit wichtiger als Priorisierung", zitiert der "Spiegel" Dominik von Stillfried, den Vorstandschef des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Vereinigung. Laut einem Modellszenario der KV könnten alle Erwachsenen in Deutschland bis spätestens Mitte August geimpft sein. Voraussetzung wäre, dass schon im März Fachärzte und -ärztinnen impfen, ab April dann auch Hausärzte.
Betriebsärzte würden dann vermutlich noch später einsteigen. Der Automobilkonzern Daimler steht nach eigenen Angaben bereits in enger Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden, um die eigenen Mitarbeiter von Betriebsärzten gegen Corona impfen zu lassen. "Unsere Werksärzte sind vorbereitet und wir würden gerne die Impfkampagne unterstützen", sagte der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius der "Bild am Sonntag". "Sobald es erlaubt ist, dass in Betrieben geimpft wird und die Mitarbeiter an der Reihe sind, können wir loslegen und all unseren Beschäftigten eine Impfung im Werk anbieten."
Quelle: ntv.de, sba/dpa
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