Mars-Sonde sendet erstes Signal

  15 März 2016    Gelesen: 623
Mars-Sonde sendet erstes Signal
Nach dem Start der Proton-M-Rakete stand der aufregendste Augenblick des Tages noch bevor: Würde sich der ExoMars-Orbiter nach der Trennung von der Oberstufe melden? Applaus und Freudengeschrei im Satellitenkontrollzentrum geben die Antwort.
Jubel bei der Esa: Ein langer Tag geht erfolgreich zu Ende, eine große Mission nimmt ihren vielversprechenden Anfang. Europa ist auf dem Weg zum Roten Planeten. Die europäische Weltraumorganisation Esa und das russische Pendant Roskosmos haben einen Orbiter und ein Landegerät auf die interplanetare Flugbahn zum Mars geschickt. Das Sonden-Duo hat sich am Abend wie geplant von der Oberstufe der Proton-M-Trägerrakete gelöst, und der ExoMars-Orbiter TGO klappte seine Solarpanele aus. Um 22.29 Uhr Mitteleuropäischer Zeit sendete er dann das sehnlich erwartete erste Signal. Der Kontakt zur Erde ist hergestellt. "Go Mars! Go ExoMars!", freute sich Mark McCaughrean, Wissenschaftlicher Direktor der Esa.

Begeisterung und Erleichterung waren groß am Esoc in Darmstadt, dem Satellitenkontrollzentrum der Esa. Über den Tag war es gelungen, mit der Rakete Schwung zu holen, um die für die Reise zum Mars benötigte Geschwindigkeit zu erreichen - "eine fehleranfällige Sache, da kann einiges schiefgehen", wie Raumfahrtingenieur Rainer Kresken erklärte. Roskosmos in Baikonur hatte die Flugmanöver der Proton-M geleitet. Nun, nach der Trennung von der Oberstufe, übernimmt das Esoc die Kontrolle über die Mission. "In den nächsten Tagen wird dann aktiv gesteuert", sagte Kresken im Gespräch mit n-tv.de. "Die Sonde muss genau auf Kurs bleiben. Falls sie von ihrer Route abweicht, müssen wir also korrigieren. Dafür hat die Sonde große Triebwerke an Bord, die in der Lage sind, ExoMars auf der richtigen Bahn zu halten."

In sieben Monaten, Mitte Oktober 2016, hat der ExoMars-Orbiter samt Testlandegerät Schiaparelli dann den Roten Planeten erreicht. Ziel der seit rund 15 Jahren geplanten und vorbereiteten Mission ist es, nach Leben auf dem Mars zu suchen; Leben, das dort in der Vergangenheit existierte oder womöglich heute besteht. Die Voraussetzungen, um etwas zu finden, sind gut: Der Orbiter TGO verfügt über hochempfindliche Instrumente für die Messung von Methan in der Mars-Atmosphäre. Und der Rover, der 2018 folgen soll, kann zwei Meter tief in den Marsboden bohren. "Die Bohrungen sind die beste Möglichkeit, Leben zu finden", sagt Kresken. Noch dazu wird der Esa-Rover in der Lage sein, die Proben direkt zu untersuchen und Lebensformen zu erkennen. Was ExoMars alles kann und vorhat, hier noch einmal im Überblick:

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Die Aufgaben des Orbiters: Der Trace Gas Orbiter (TGO) nimmt ein Jahr nach seiner Ankunft am Mars seine wissenschaftliche Arbeit auf. Bis mindestens 2022 soll die Sonde um den Mars kreisen und dabei die Zusammensetzung seiner Atmosphäre erforschen. Das Hauptaugenmerk der Wissenschaftler liegt dabei auf Methan. Die Beziehungen zwischen verschiedenen Spurengasen (Trace Gas) könnten etwas über den Ursprung des Mars-Methans verraten.

Der TGO kann kleinste Konzentrationen messen, denn seine Instrumente sind bis zu drei Größenordnungen empfindlicher als die seiner Vorgänger. Spurengase machen weniger als ein Prozent der Mars-Atmosphäre aus. Auch mit einem Neutronendetektor ist der TGO ausgestattet. Dieser soll es ermöglichen, das Eis, das sich bis zu einer Tiefe von einem Meter unter der Marsoberfläche befindet, zu kartographieren. Die dritte Aufgabe des TGO schließlich besteht darin, die Entdeckungen des 2018 folgenden ExoMars-Rovers zur Erde zu funken.

Die große Bedeutung von Methan: Auf der Erde sind 90 Prozent des Methans organischen Ursprungs. Es wird von Bakterien erzeugt. Die restlichen 10 Prozent stammen aus geologischen Prozessen. Wenn es um Methan geht, ist damit also fast immer auch die Frage nach Leben verbunden. Die ExoMars-Mission soll klären, aus welchen Quellen das Methan stammt, das sich in der Mars-Atmosphäre befindet. Es ist nur eine geringe Menge: Der globale Durchschnittwert liegt bei 10 ppbv, also bei 10 Teilen pro Milliarde Teilchen und Volumeneinheit.

BILDERSERIE
Den ersten Erfolg feierte der Kreml 1957 mit dem Start einer Interkontinentalrakete.Und auch deutsche Raumfahrer wie Sigmund Jähn und Alexander Gerst (im Bild) sind von Baikonur aus gestartet (mit dpa).Für viele Russen bleibt Baikonur eine der größten Errungenschaften der Sowjetunion."Jede Nudel war abgezählt", erzählt der deutsche Astronaut Reinhold Ewald über die damalige Baikonur-Krise.


Die Aufgaben von Schiaparelli: Das Testlandegerät soll im Oktober 2016, bei der Ankunft am Mars, weich auf dessen Oberfläche aufsetzen. Es soll die Technologien erproben, die für eine Landung auf dem Roten Planeten benötigt werden. Für einen langen wissenschaftlichen Betrieb ist das Modul nicht ausgelegt. Schiaparelli wird nur einige Tage auf dem Mars überleben. In dieser Zeit misst das Gerät unter anderem die elektrische Aufladung von Partikeln in der Mars-Atmosphäre. Diese Daten sollen dabei helfen, die globalen Sandstürme zu erklären, die über den Roten Planeten hinweg fegen.

Der nächste richtig aufregende Moment der Mission: Das wird der Nachmittag des 19. Oktober 2016 sein. Um 16:45 Uhr Mitteleuropäischer Zeit an diesem Tag soll das Testlandegerät Schiaparelli in die Mars-Atmosphäre eindringen. Seine Geschwindigkeit beträgt dann 5,8 Kilometer in der Sekunde. Damit ist es etwa achtmal so schnell wie eine Gewehrkugel. Doch durch die Reibung wird Schiaparelli in den folgenden drei bis vier Minuten brutal gebremst.

Nachdem seine Geschwindigkeit auf unter 500 Meter pro Sekunde gefallen ist – was immer noch der doppelten Schallgeschwindigkeit entspricht – wird in elf Kilometern Höhe über der Mars-Oberfläche ein Fallschirm ausgestoßen. Der bremst das Testlandegerät bis auf rund 250 km/h ab und wird dann abgeworfen. Nun aktivieren sich die Raketenmotoren. Ist Schiaparelli nur noch zwei Meter vom Marsboden entfernt, tritt er für einen kurzen Moment in einen Schwebeflug ein. Dann schalten seine Raketenmotoren ab und das Landemodul plumpst auf den Boden – im freien Fall.

Seine Aufsetzgeschwindigkeit soll maximal 18 km/h betragen. Eine Knautschzone fängt die Wucht des Aufpralls ab. Zwischen dem Eintritt in die Mars-Atmosphäre und dem Aufprall vergehen weniger als acht Minuten. Die Landung kann nicht von der Erde aus gesteuert oder beeinflusst werden, denn die Laufzeit der Signale vom Mars bis zu uns und zurück beträgt zu diesem Zeitpunkt 19 Minuten.

Die Fähigkeiten des Esa-Rovers: Die Mars-Oberfläche ist kalt, trocken und starker Strahlung durch die Sonne ausgesetzt. Für Mikroorganismen sind das – nach irdischen Maßstäben – keine guten Lebensbedingungen. Doch als der Mars noch in weiten Teilen von Wasser bedeckt war, was rund vier Milliarden Jahre her ist, könnten sich dort Bakterien eingenistet haben. Der Esa-Rover, der 2018 zum Roten Planeten starten soll, hat die Aufgabe, nach solchen Mikroorganismen in der Tiefe des Marsbodens zu suchen. Während Nasa-Rover Curiosity, der seit 2012 über den Mars rollt, nur wenige Zentimeter tief bohren kann, kommt der Esa-Rover zwei Meter tief. Dadurch besteht eher die Möglichkeit, dass er auf etwas stößt, das den Menschen verrät: Es gab – oder gibt?! – Leben auf dem Mars.

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