Mit den Hausärzten geht das Impfen besser

  12 März 2021    Gelesen: 448
Mit den Hausärzten geht das Impfen besser

Erst im April sollen die Hausärzte an der Impfkampagne beteiligt werden. Das ist viel zu spät. Schon jetzt liegen Millionen Impfdosen ungenutzt herum. Und es werden immer mehr.

Auf den ersten Blick ist es ein gutes Argument: Solange der Impfstoff Mangelware ist, muss an der Priorisierung festgehalten werden. Das bedeutet: Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte impfen erst, wenn viel Impfstoff zur Verfügung steht. Schließlich könnten sie sich schwer damit tun, die Priorisierung strikt durchzuhalten.

Letzteres mag so sein, und es war auch richtig, beim Impfen mit einer klaren Priorisierung zu beginnen. Aber das Streben nach absoluter Gerechtigkeit führt in den Bürokratismus, nicht in die Glückseligkeit. Es wäre daher gut, die Hausärzte so bald wie möglich einzubinden.

Denn die Zeit des Mangels ist zwar - leider - noch nicht zu Ende. Aber einen Überfluss gibt es dennoch: 12,5 Millionen Impfdosen wurden nach Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums bis zum 10. März in Deutschland ausgeliefert, verabreicht wurden 8,43 Millionen.

Warum das so ist? Schwierig. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller trat nach der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz jedenfalls dem Eindruck entgegen, in den Ländern würden Impfdosen zurückgehalten. Es sei keineswegs so, "als ob Millionen von Impfdosen irgendwo herumliegen und nicht verimpft werden", sagte er. Nur: Doch, das tun sie. Mehr als vier Millionen Impfdosen liegen ungenutzt irgendwo herum, Tendenz steigend.

Müller sagte, die Länder hätten "einen Puffer von Impfdosen von rund einer Woche, den sie bevorraten (…), falls sich eine nächste Lieferung verzögert oder nicht im besprochenen Umfang ausgeliefert wird, sodass man nahtlos weiterimpfen kann". Aber nahtloses Impfen ist exakt, was nicht geschieht. Vielerorts ruckelt es heftig. Mitunter gibt es in einer Region keine freien Termine. Oder Vorerkrankte unter 80 werden in den Impfzentren abgewiesen, obwohl Angehörige der Prioritätsgruppe zwei längst an der Reihe sind. Das ist auch kein Wunder: Das Alter lässt sich leicht nachweisen, dafür reicht der Personalausweis. Ob jedoch eine Vorerkrankung zur Impfung berechtigt, ist nicht so leicht nachweisbar. Nicht jede Bescheinigung, die Arztpraxen ausstellen, wird in den Impfzentren akzeptiert.

Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, fordert, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte schnellstmöglich am Impfen zu beteiligen. Bislang sieht es so aus, als würden Impfungen in Hausarztpraxen erst Mitte April starten. Oder sogar erst im Mai. Wieder ist dieses Land dabei, sich in Planungswahn und vermeintlichen Perfektionismus zu verzetteln. Natürlich werden Hausärzte die Priorisierung nicht exakt so durchhalten, wie sich die Ständige Impfkommission das überlegt hat. Aber es gibt auch keinen Grund, ihnen pauschal zu misstrauen. Ja, es wird Bevorzugungen geben, Fehler werden passieren. Doch die Summe der Fehler wird nicht größer sein als der große Irrtum, dass sich absolute Gerechtigkeit herstellen lässt.

n-tv


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