„Wir fordern alle unsere katholischen Bischöfe in Deutschland auf, dem römischen Versuch des Ausschließens entgegenzutreten“, sagte das Vorstandsmitglied der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK), Thomas Pöschl, der Deutschen Presse-Agentur in Nürnberg. Die Starrheit der römisch-katholischen Kirche habe diese „vor den Abgrund geführt, wo sie heute steht“.
ZdK: eine weitere Störung des „Synodalen Weges“
Mit Enttäuschung reagierte auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, auf die Entscheidung aus Rom. Sie reihe sich ein in „eine Folge von Störungen des Synodalen Weges“ – gemeint ist ein in Deutschland laufender innerkirchlicher Reformprozess. Auf diesem gemeinsamen Weg der deutschen Bischöfe und des ZdK werde die Segnung von Menschen weiter ein Thema sein, sagte Sternberg. Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern der Weltkirche werde über die Segnung gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen diskutiert.
Eine „Verheutigung“ der katholischen Lehre, wie sie Moraltheologen seit langem fordern, dürfe nicht einfach abgelehnt werden, so Sternberg weiter. Es müsse eine Weiterentwicklung der Lehre mit tragfähigen Argumenten geben. Das Zentralkomitee befürwortet schon seit längerem, Liebesbeziehungen von Homosexuellen zu segnen.
Anselm Bilgri: „Affront gegen Katholiken in Deutschland“
Der ehemalige Benediktinermönch Anselm Bilgri, der sich kürzlich als schwul geoutet und erst am Freitag seinen langjährigen Lebensgefährten geheiratet hatte, sieht sich in seiner Entscheidung bestätigt, der römisch-katholischen Kirche den Rücken zu kehren: „Genau diese starre Haltung der Kurie war für mich der Grund, zur alt-katholischen Kirche überzutreten. Dort ist eine offizielle kirchliche Segnung einer homosexuellen Ehe möglich.“ Er sieht in der Mitteilung aus Rom einen „Affront“ gegen Katholiken in Deutschland und den laufenden Reformprozess „Synodaler Weg“.
„Wir sind Kirche“-Bewegung: Vatikan trägt zu Diskriminierung von Homosexuellen bei
Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hat das Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Partnerschaften Medienberichten zufolge als „unsägliche Entscheidung“ kritisiert. Der Sprecher Christian Weisner warf dem Vatikan vor, mit der Entscheidung dazu beizutragen, dass in vielen Ländern die Diskriminierung homosexueller Menschen bis hin zur Gefängnis- und Todesstrafe als gottgegeben angesehen werden könne.
Österreich: Kirche auch spirituelle Heimat für Homosexuelle – Innsbrucker Bischof Glettler
Als „Enttäuschung für alle, die sich ein deutlicheres Zeichen der Akzeptanz von homosexuellen Paaren erhofft hatten“, hat Bischof der Diözese Innsbruck, Hermann Glettler, das
Nein des Vatikans zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare bezeichnet.
„Die Ablehnung von offiziellen Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Beziehungen ist kein Urteil über homosexuelle Menschen, um die sich die Kirche jetzt noch mehr als bisher bemühen muss“, sagte er am Montag im Interview mit der römisch-katholischen Nachrichtenagentur Kathpress. Glettler ist der für Ehe und Familie zuständige Bischof in der Österreichischen Bischofskonferenz.
„Gleichgeschlechtliche Beziehungen können auf Treue und gegenseitiger Hingabe gegründet sein“, hob der Bischof hervor. Insofern würden diese Beziehungen zum persönlichen Glück der Betroffenen und zum Zusammenleben in unserer Gesellschaft beitragen.
Vor diesem Hintergrund habe auch Papst Franziskus vor kurzem ausdrücklich gutgeheißen, dass der Staat für Menschen in homosexueller Partnerschaft Rechtsformen schafft, die der Sorge füreinander und der wechselseitigen Absicherung einen verlässlichen Rahmen geben, erinnerte der Bischof. „Das ist in Österreich und in den meisten europäischen Staaten der Fall und wird von kirchlicher Seite begrüßt.“
Gleichzeitig habe Papst Franziskus 2015 im nachsynodalen apostolischen Schreiben „Amoris laetitia“ („die Freude der Liebe“) über die Liebe in der Familiei keinerlei Fundament dafür gesehen, „zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn“, bezog sich der Bischof auf das päpstliche Dokument.
Die Kirche wolle aus diesem Grund mit der nun geäußerten Ablehnung von Segnungsfeiern keiner quasisakramentalen Legitimierung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften Vorschub leisten.
Die Kirche werde sich jedoch deutlich von jeder diskriminierenden Beurteilung und Ausgrenzung von Menschen distanzieren, betonte der Bischof. Dazu gehöre, dass so „wie bisher jede Einzelperson ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung einen kirchlichen Segen empfangen kann“.
„Wir möchten als Kirche allen schwulen, lesbischen und in ihrer Sexualität unsicheren Menschen ein Willkommen und eine spirituelle Heimat in der Kirche anbieten – und dies nicht erst dann, wenn sie enthaltsam leben“, sagte er abschließend.
Vatikan verneint die Vollmacht, homosexuelle Verbindungen zu segnen
Am Montag hatte die Kongregation für die Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche klargestellt, dass die katholische Kirche aus ihrer Sicht nicht befugt sei, homosexuelle Partnerschaften zu segnen. In einem sogenannten Responsum ad dubium (Antwort auf einen Zweifel) heißt es, Segnungen menschlicher Beziehungen seien nur möglich, wenn damit den Plänen Gottes gedient sei.
Daher sei es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die „eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist“.
Trotz dem Vorhandensein positiver Elemente, die dennoch zu schätzen und hervorzuheben seien in solchen Beziehungen, sei man trotzdem nicht in der Lage, diese zu rechtfertigen und sie daher rechtmäßig zum Gegenstand einer kirchlichen Segnung zu machen, „weil diese Elemente im Dienst einer Verbindung stehen, die nicht auf den Plan des Schöpfers hingeordnet“ sei, hieß es in der erläuternder Note der Glaubenskongregation.
Unzulässig sei jede Segnungsform, die homosexuelle Partnerschaften anerkenne. Es seien aber Segnungen einzelner Personen mit homosexueller Neigung möglich, die „den Willen bekunden, in Treue zu den geoffenbarten Plänen Gottes zu leben, wie sie in der kirchlichen Lehre vorgelegt werden“. Zudem seien die christliche Gemeinschaft und die „geistlichen Hirten“ aufgerufen, Menschen mit homosexuellen Neigungen zu respektieren.
snanews
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