Türkische Lira stürzt ab

  22 März 2021    Gelesen: 739
Türkische Lira stürzt ab

In der Türkei dürfte die Inflation wieder anziehen, nachdem Präsident Erdogan den Chef der Notenbank ausgewechselt hat. Die Lira bricht ein - wohl auch, weil der neue Mann Gegner einer straffen Geldpolitik ist.

Die türkische Lira ist nach der Entlassung des Notenbankchefs des Landes auf Talfahrt gegangen. Am Morgen wurde ein US-Dollar für 7,78 Lira gehandelt. Damit ist der Kurs im Vergleich zum Freitag um knapp acht Prozent abgerutscht. In der vergangenen Nacht war der Kurseinbruch zeitweise noch heftiger ausgefallen: Bis zu 8,47 Lira mussten für einen Dollar gezahlt werden. Damit lag die türkische Währung nur knapp unter dem Rekordtief, das im vergangenen November bei 8,57 Lira für einen Dollar erreicht worden war.

Die Tendenz zeigte sich auch im Handel mit dem Euro. Am Morgen wurden für einen Euro 9,25 Lira gezahlt, was ebenfalls einem Kurseinbruch von knapp acht Prozent entsprach. Hier wurde das Rekordtief ebenfalls im vergangenen November bei 10,20 Lira für einen Euro erreicht.

Auslöser für die rasante Talfahrt ist ein Wechsel an der Spitze der türkischen Notenbank. In der Nacht zu Samstag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan den Zentralbankchef Naci Agbal entlassen. Die Entscheidung erfolgte nur wenige Tage, nachdem die türkische Notenbank den Leitzins überraschend deutlich um 2 Prozentpunkte auf 19 Prozent angehoben hatte. Neuer Notenbankchef wird Sahap Kavcioglu, ehemaliger Abgeordneter von Erdogans Regierungspartei AKP.

Agbal hatte in seiner kurzen Amtszeit versucht, mit den Zinserhöhungen die drastische Inflation in der Türkei unter Kontrolle zu bekommen. Erdogan hatte sich hingegen immer wieder für niedrige Zinsen ausgesprochen. Agbal war erst Anfang November als Zentralbankchef eingesetzt worden und galt als ehemaliger Finanzminister als Verbündeter Erdogans. Es war das dritte Mal seit Mitte 2019, dass Erdogan den Notenbankchef entließ.

Experten sorgen sich

Sein Nachfolger Kavcioglu ist Ex-Banker, Ex-Abgeordneter der Regierungspartei und erklärter Gegner einer straffen Geldpolitik. Er hatte zuletzt Agbals Zinspolitik kritisiert. "Die Zinsen rund um die Welt sind nahe Null. Eine Anhebung in der Türkei zu erwägen, wird unsere wirtschaftlichen Probleme nicht lösen", hatte er im Februar in einer Zeitungskolumne geschrieben.

Experten sehen seinen Einstieg mit Sorge. "Das legt nahe, dass die Regierung versuchen wird, die Wirtschaft erneut mit niedrigen Zinsen stimulieren zu wollen", sagte etwa Selva Demiralp, Wirtschaftsprofessorin an der Koc Universität in Istanbul. Das aber verstärke den Druck auf die Lira und könne die Wirtschaft noch mehr belasten.

Erst vor rund einer Woche hatte Erdogan erklärt, der Kampf gegen die Inflation gehöre zu seinen wichtigsten Vorhaben. Ziel sei eine einstellige Inflationsrate. 2020 hatte sie zeitweise bei 15 Prozent gelegen - befeuert auch durch die Abwertung der Lira, durch die Importe teurer wurden.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/rts


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