„The Guardian“ wertet den Schritt als klugen Schachzug: „Nach den Ereignissen in der Ukraine hat der Westen Gespräche mit Moskau abgelehnt. Doch das Vorgehen Russlands in Syrien hat die Konstellation verändert. Jetzt gehen die Russen mit minimalen Verlusten aus dem Konflikt. Ein taktisch brillanter Zug“, schreibt das britische Magazin.
Donnerschlag
Die schwedische „Svenska Dagbladet“ ist überrascht: „Moskaus Beschluss zum Truppenabzug aus Syrien kam für die Mehrheit der führenden Staatschefs der Welt wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Russlands Ankündigung ist eine Erhellung, die doch wenigstens ein bisschen Bewegung in die Verhandlungen bringen kann, auch wenn noch viele Fragen offenbleiben“, schreibt die Zeitung.
Nach Ansicht der Nachrichtenagentur „Bloomberg“ signalisiert Putin mit seinem „schockierenden Schritt“ dem syrischen Präsidenten wie den oppositionellen Gruppierungen, dass sie schnellstmöglich einen Konsens erzielen sollen.
Und „Die Welt“ fragt sich: „Kriegsherr bis vorgestern, Friedensfürst seitdem?“ Russlands Präsident Wladimir Putin habe es jedenfalls fertiggebracht, die Welt zu überraschen. „Es ist klug ein Wagnis abzubrechen, solange man noch Herr des Verfahrens ist. Das verbessert die Lage für das Endspiel zwischen Washington und Moskau, zwischen Damaskus und Teheran, zwischen Riad und Damaskus“, schreibt die Zeitung aus Deutschland.
Die Nachrichtenagentur AFP konstatiert: „Mit seiner Anordnung des Teilabzugs der russischen Gruppe aus Syrien hat Putin bei allen für Überraschung gesorgt. Die Ankündigung erging just an dem Tag, als in Genf die Verhandlungen zwischen den Vertretern des syrischen Regimes und der Opposition angefangen hatten. Und die im Großen und Ganzen eingehaltene Waffenruhe war dem dienlich.“
USA kalt erwischt
Die Financial Times sieht im Beschluss des russischen Staatspräsidenten eine große Überraschung für den Großteil der Obama-Administration: „Der russische Militäreinsatz, der im September begonnen hatte, hat den Verlauf des syrischen Konflikts verändert. Für den Präsidenten Putin war das Engagement eine Möglichkeit, Russlands Status als Weltmacht zu behaupten, die ein Anrecht darauf hat, in internationalen Angelegenheiten weit jenseits ihrer Grenzen gehört zu werden. Obamas Kritiker behaupten, Washingtons Passivität in Syrien habe ein Machtvakuum verursacht, welches die Russen im Endeffekt gefüllt hätten“, schreibt das US-Blatt.
Und der Reuters-Korrespondent Josh Cohen betont: „Die USA haben ein Problem. Einen Tag nachdem Putin den Truppenabzug angekündigt hatte, wurde allen klar, dass sein Spiel zu Moskaus Sieg auf breiter Front geworden ist“, schreibt der Experte.
Der Nachrichtensender „Fox News“ sagt dazu: „Die USA stehen weiterhin wie verloren im nahöstlichen Chaos da und sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
Impuls für Verhandlungen
Der Fernsehsender CTV analysiert: „Diese Entscheidung des russischen Präsidenten sollte dazu beitragen, das Vertrauensniveau zwischen den an der Antiterroroperation in Syrien Beteiligten anzuheben und die politischen Verhandlungen in Syrien in Gang zu setzen.“
Die Zeitung „The Globe and Mail“ konstatiert: „Mit dem Engagement im Syrien-Konflikt hat der russische Präsident Russlands Status als Global Player wiederhergestellt, der seinen Einfluss weit jenseits der eigenen Grenzen geltend machen kann. Und er hat die USA genötigt, Moskaus Interessen zu berücksichtigen.“
„The Daily Mail“ ist optimistisch: „Putins Entscheidung kann die auf das Ende des Konflikts ausgerichteten Syrien-Gespräche ankurbeln“, schreibt die Zeitung aus London.
Putin gibt den Ton an
Bei „Il Messaggero“ heißt es: „Die vorhersehbare und dennoch überraschende Ankündigung verändert vielerlei auf der Verhandlungsbühne in Genf. Putin ist in seiner Hauptrolle auf die Bühne gestürmt und seine Position ist nur stärker geworden. Vom diplomatischen Standpunkt aus betrachtet hat der Kreml der Welt demonstriert, dass er bei der Lösung von Krisen ein unverzichtbarer Dialogpartner ist und über eine Militärkraft verfügt, die Moskau garantiert, dass seine Stimme gehört wird“, so das Blatt.
Die italienische Zeitung „Corriere della Serra“ betont: „Das Weiße Haus hat eine Auszeit genommen, solange amerikanische Analysten, die Putin wiedermal eiskalt erwischt hat, versuchen, die Konsequenzen dieses Schachzugs einzuschätzen. Wie sehr doch der Sprecher des Weißen Hauses verloren wirkte, der nur Obamas Mantra wiederholte: ‚Eine militärische Lösung der Syrien-Krise gibt es nicht‘. Doch Putins Vorgehen zeugt, wie es aussieht, vom Gegenteil: Die Syrien-Krise kann nicht militärisch gelöst werden, doch Waffen können helfen, eine Politik aufzubauen. Und Obama wurde eine wichtige Lektion erteilt.“
Sensation aus Moskau
„Nach der mit Washington vereinbarten Waffenruhe hat Moskau mit seinem Befehl zum Teilabzug demonstriert, dass es auf eine friedliche Lösung in Syrien und nicht auf Krieg setzt“, schreibt die Zeitung „As-Safir“.
Und die Zeitung „Al-Ahbar“ hebt hervor: „Moskaus sensationeller Schritt besagt, dass die Zeit einer politischen Regulierung in Syrien gekommen ist. Eine andere Erklärung für diese Entscheidung des russischen Präsidenten gibt es nicht. Nun erwartet Moskau einen Gegenzug Washingtons, der es ermöglichen wird, den Friedensprozess voranzubringen.“
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