Taycan Cross Turismo - Alleskönner mit E

  28 April 2021    Gelesen: 1510
  Taycan Cross Turismo - Alleskönner mit E

Mit dem Taycan hat Porsche einen großen Wurf in Richtung Elektromobilität gemacht. Jetzt legen sie mit dem Taycan Cross Turismo nach. Der ist mindestens so sportlich wie sein Limousinen-Bruder, kann aber auch auf allen vieren durchs Grobe. Und das bei nachhaltigem Fahrspaß.

Wer bei Porsche an offroad denkt, landet mit Sicherheit zuerst bei SUV-Modellen wie Cayenne und Macan, aber ganz bestimmt nicht bei einem Elektroauto. Aber tatsächlich haben die Stuttgarter mit dem Taycan Cross Turismo jetzt einen stromernden Ableger des Sportcoupés Taycan aufgelegt, der auch durch Gelände kann. "Also, ganz so ist es nicht", schränkt Porsche Fahrwerksspezialist Christian Wolfsried ein. "Der Cross Turismo kann dank seines Allradantriebs und der bis zu drei Zentimeter mehr Bodenfreiheit schaffenden serienmäßigen Luftfederung auch mal durch gröberes Gelände, aber er ist jetzt kein Offroader."

Ein wenig stellt Wolfsried hier schon das Licht des Cross Turismo und die Arbeit der Ingenieure unter den Scheffel. Denn ja, über wuchtiges Geröll in der Größenordnung Fußball möchte man mit dem Porsche nicht stromern, aber Steigungen mit fiesen Steinchen, kleinere Verschränkungen und auch schlammige Wasserdurchfahrten meistert der Taycan fürs Grobe einfach problemlos. Und obgleich nicht anzunehmen ist, dass sich jemand, der 93.635 Euro für ein Auto bezahlt hat, damit in den nächsten Steinbruch stürzt, könnten einige Extremsportler mit diesem Wagen ökologisch einwandfrei an den Ort der Begierde gelangen.

Der Gravel Mode machts möglich

Um am Ende wirklich geschmeidig durchs Kiesbett zu pflügen, haben die Ingenieure einen "Gravel Mode" ersonnen, der die Luftfederung bis zu einer Geschwindigkeit von 120 km/h auf Niveau hält. Der wird per Tastendruck aktiviert und schon kann man mit dem sportlichen Schwaben gepflegt über den Acker fegen. Wer jetzt aber angesichts des oben genannten Preises Angst bekommt, dass neben Lack und Felgen auch andere wichtige Teile des Cross Turismo Schaden nehmen könnten, der kann mit dem Porsche aber auch ganz gepflegt über die Landstraßen und Autobahnen des Landes heizen.

Auf letztgenannten Strecken ist eine Spitzengeschwindigkeit von immerhin 220 km/h drin. Die Zeit die es braucht, um bis auf Tempo 200 zu beschleunigen, bemisst Porsche übrigens für den Testwagen in Form des Einsteigers Taycan 4 Cross Turismo mit 15,6 Sekunden. Natürlich sind das Werte, über die der Fahrer eines Porsche 911 GT3 nur müde lächeln kann, aber dafür bekommt jeder ID.3-Fahrer bei diesen Zahlen Schnappatmung. Um jetzt noch mal richtiges Herzrasen zu verursachen, sei auch gleich der Wert für den Standardsprint genannt: 5,1 Sekunden braucht es hier aus dem Stand auf Landstraßentempo.

Spaßmaschine auf der Landstraße

Und tatsächlich liegt der größte Spaßfaktor bei der Fahrt mit dem Taycan 4 Cross Turismo auf der Landstraße. Warum? Weil Porsche einfach alles getan hat, damit sich dieses Elektroauto fährt wie ein Porsche und natürlich auch, weil man hier nicht versucht ist, permanent den Pinsel ins Blech zu bügeln, um mit Vmax unterwegs zu sein. Vielmehr ergötzt man sich an den Feinheiten der Beschleunigung, denn von Tempo 80 auf 120 km/h vergehen gerade mal 2,6 Sekunden. Es gibt also bei einem Überholvorgang nicht mehr die Frage, ob ich überhole, sondern nur noch, wann. Da steht auch gar nicht mehr die Frage, ob man mit einem Turbo S, der mit 625 PS bewaffnet ist, besser unterwegs wäre. Nein, die 380 PS, die sich beim Boosten zu 476 PS steigern, reichen, wie das maximale Drehmoment von 500 Newtonmetern völlig aus, das über zwei E-Maschinen an Vorder- und Hinterachse verteilt wird und den Cross Turismo in allen Lagen mit Allradantrieb versorgt.

Natürlich kann der Fahrer auch hier ganz nach persönlichem Gusto die Fahrprogramme bestimmen, die seinem momentanen Befinden am nächsten kommen. In der Grundeinstellung "Normal" erfolgt der Vortrieb recht linear über alle vier Räder, die Kühlluftklappen werden nur bei Bedarf geöffnet und der Heckspoiler erhebt sich erst, wenn die Geschwindigkeit es verlangt. Druckvoller geht es schon in "Sport" zur Sache. Unbemerkt vom Fahrer stellt die Kühlung- und Heizstrategie der Batterie auf Performance um, die Fahrwerksabstimmung, einschließlich der Hinterachslenkung, wird dynamischer. "Sport Plus" verschärft diesen Zustand noch und hält das Fahrwerk permanent 2,2 Zentimeter dichter am Asphalt.

Das Einzige, was der Pilot jetzt noch machen muss, ist, dem Cross Turismo die richtigen Befehle geben. Was eigentlich nicht schwer ist, denn die Gasannahme ist feinnervig, wirkt in keinem der Fahrmodi aggressiv oder übermotiviert und den Lenkbefehlen folgt der Wagen auch dank Hinterachslenkung so präzise, wie man es von Fahrzeugen aus Stuttgart-Zuffenhausen gewohnt ist. Und sollte doch mal etwas Versatz bei der Kurvenhatz entstehen, dann hilft die Elektronik mit der richtigen Kraftverteilung an das jeweils entscheidende Rad, um die Fuhre wieder zu stabilisieren. Tatsächlich malt jede Kurve hier ein breites Grinsen ins Gesicht des Fahrers.

Mit Electric Sport Sound

Nun mag, nicht unberechtigt, angemerkt werden, dass das ja alles gut und schön ist, aber so richtige Emotionen gibt es beim Kurvenlauf nur mit einem entsprechenden Motorsound, der die Gasbefehle orchestriert und im Zusammenspiel mit Trommelwirbeln aus den Endrohren eine ganz eigene und unnachahmliche Symphonie spielt. Gewiss, dem kann an dieser Stelle nur zugestimmt werden. Aber auch Elektro-Sportwagen haben ihren Sound, der bei Weitem nicht so langweilig sein muss wie der in der Formel E. Porsche hat jedenfalls für den Taycan Cross Turismo einen "Porsche Electric Sport Sound" ersonnen, der "den fahrzeugeigenen Antriebssound mit seinem innovativen Charakter außen und auch im Innenraum noch emotionaler und satter klingen lässt".

Aber was bedeutet das? Nun, in "Sport Plus" vereint die Elektronik das typische E-Maschinen-Surren mit einem heiseren Grollen, das auch durchaus von einem saugenden Sechszylinder-Boxermotor stammen könnte. Ob das in einem Elektroauto gefällt, sei dahingestellt, aber es nervt auch nicht und überträgt sich sogar nach außen, so dass auch das den Taycan Cross Turismo bestaunende Publikum am Straßenrand noch was auf die Ohren bekommt.

Ganz schnell und auch ganz langsam

Doch lösen wir uns mal aus der Soundblase und von den Kurven und kommen zurück auf den geraden Pfad der Tugend, der auch mit Ladestationen gepflastert sein muss. Nun müssen die im schlechtesten Fall 360 Kilometer entfernt zu finden sein, im besten reichen die 83,7 kWh des Akkus für 456 Kilometer. Wenn dann am Ende dieser Strecke auch noch einen 800-Volt-Schnellader steht, der mit 270 kW Strom in die Batterie pumpt, dann kann man nach etwas mehr als fünf Minuten die nächsten 100 Kilometer abspulen. Im schlimmsten Fall braucht es an einer 11-kW-AC-Ladestation neun Stunden, bis der Akku wieder die volle Power liefern kann. Ergo: An der richtigen Stromzapfsäule ist das Laden ein kurzweiliger Akt, der schon fast mit dem normalen Tanken verglichen werden kann, im anderen Fall eher eine unendliche Geschichte.

Doch wie dem auch sei, solange der Akku voll ist, macht der Taycan Cross Turismo einfach nur Spaß. Sei es auf der Schotterpiste, die man schwungvoll durchfräst oder sei es auf Straßen, wo man die Kurven räubern kann. Auch Mitreisende dürften die Fahrt im elektrischen Grenzgänger mehr genießen können als im sportlichen Coupé-Bruder, denn in der zweiten Reihe gibt es fast fünf Zentimeter mehr Kopffreiheit.

Hinzu kommt ein Gepäckabteil, das im Normalfall 446 Liter schluckt und bei umgelegter Rückbank sogar 1200 Liter aufnehmen kann. Und da der Cross Turismo, wie schon erwähnt, serienmäßig mit Allradantrieb und Luftfederung ausgestattet ist, gibt es auch bei maximaler Beladung von 640 Kilogramm kein wildes Rumgehüpfe. Was nichts anders heißt, als dass die Insassen nicht mit der Beschaffenheit der Wege und Straßen behelligt werden.

Ansonsten entspricht das Design im Innenraum des Cross Turismo dem der Sportlimousine. Die Instrumententafel spannt sich über die ganze Breite des Fahrzeugs, wobei das frei stehende und leicht gebogene Kombiinstrument den höchsten Punkt auf dem Dashboard bildet. Ein zentrales, 10,9 Zoll großes Infotainment-Display und ein weiteres, optionales Display für den Beifahrer sind zu einem Glasband zusammengefasst. Auf Wunsch ist übrigens sogar ein Kompass oben auf der Instrumententafel erhältlich. Was aber am Ende des Tages tatsächlich für das Einstiegsmodell des Taycan 4 Cross Turismo spricht, ist sein Preis. Er ist nämlich lediglich 10.000 Euro teurer als der Einstiegs-Taycan, hat aber deutlich mehr zu bieten. Also für die, die es sich am Ende leisten können.

Quelle: ntv.de


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