Altmaier produziert Abstimmungs-Fauxpas

  07 Mai 2021    Gelesen: 1813
Altmaier produziert Abstimmungs-Fauxpas

Spätestens durch den Vorstoß der US-Regierung wird die Aussetzung des Patentschutzes für Impfstoffe international heiß diskutiert. Im Bundestag wurde bereits über das Thema abgestimmt. Mit einem überraschenden, sehr prominenten Abweichler in der nahezu geschlossenen Regierungskoalition.

Als einziges Mitglied seiner Fraktion und der Bundesregierung hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Donnerstag für die Patentfreigabe bei Impfstoffen gestimmt - und damit gegen eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses. Wie Altmaier am Morgen auf Twitter mitteilte, handelte es sich dabei um ein Versehen. "Richtigstellung: Es handelt sich offenbar um einen Irrtum. Ich teile in dieser Frage die einhellige Haltung meiner Fraktion", schrieb der Bundeswirtschaftsminister auf Twitter. Anträge der Linken lehne er grundsätzlich ab. "Möglicherweise habe ich eine falsche Karte in die Urne geworfen", schrieb Altmaier weiter. Er werde den Vorgang klären. Zur Abstimmung stand ein Antrag der Linken, Patente für Impfstoffe freizugeben. Ein "Nein" zum Antrag war ein "Ja" für die Aufrechterhaltung des Patentschutzes für Impfstoffe.

Das Abstimmungsverhalten von Altmaier hatte vorher für Verwunderung und Nachfragen gesorgt: Der Korrespondent des ZDF im Hauptstadtstudio, Florian Neuhann, hatte schließlich die konkrete Nachfrage an den Bundeswirtschaftsminister: "Tatsächlich: als einziges (!) Mitglied der Union u der BuReg hat Wirtschaftsminister gestern Abend gegen eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses gestimmt - und damit FÜR die Patentfreigabe bei Impfstoffen! Weshalb, sehr geehrter Herr Altmaier?", schrieb Neuhann - und bekam eine Antwort.

Neben Altmaier stimmte als Abgeordneter aus der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD der Berliner Klaus Mindrup gegen den Rest der Regierungsfraktionen. Ob es sich bei dem SPD-Abgeordneten auch um ein Missverständnis oder um ein bewusstes Votum handelte, ist nicht bekannt.

Antrag ist älter als die aktuelle Diskussion

Am Mittwoch hatte ein Vorstoß der US-Regierung, den Patentschutz für Impfstoffe auszusetzen, große Wellen geschlagen, auch die EU wird die Thematik bei einer informellen Zusammenkunft diskutieren. Der Vorstoß von US-Präsident Biden stößt bei Bundesregierung, EU-Kommission und den Pharmafirmen aber auf Ablehnung. "Die Impfstoff-Rechte sind nicht das drängendste Problem, sondern die Produktion", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Wie Gesundheitsminister Jens Spahn forderte sie, dass andere Länder ihre Impfstoff-Exporte so hochfahren wie die EU. "Die EU ist dazu in Wort und Tat bereit. Wir freuen uns, wenn die USA es nun auch sind", erklärte Spahn.

Bislang blockierten die USA und mehrere andere Staaten mit Sitz von Impfstoff-Herstellern bei der Welthandelsorganisation (WTO) einen von Indien und Südafrika vorangetriebenen Plan, durch eine Einschränkung des geistigen Eigentums der Pharma-Konzerne eine stärkere Impfstoff-Produktion in Entwicklungsländern zu ermöglichen. Zugleich exportieren die USA aber anders als die EU nur sehr kleine Mengen der in dem Land produzierten Vakzine - weshalb Bidens Vorstoß etwa in Regierungskreisen in Berlin auch als Ablenkungsmanöver angesehen wurde.

Die Abstimmung im Bundestag, bei der Altmaier versehentlich als Abweichler auffällig wurde, war keine Reaktion auf die aktuelle Diskussion: Die Linke hatte den Antrag, der nun mit den (meisten) Stimmen der Regierungsfraktionen, der AfD und der FDP abgewiesen wurde, bereits Anfang des Jahres in den Bundestag eingebracht.

Quelle: ntv.de, ter/dpa


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