BMW 2er Coupé - getarnte Fahrfreude

  17 Mai 2021    Gelesen: 1450
  BMW 2er Coupé - getarnte Fahrfreude

BMW sieht sich nicht zu Unrecht bei der Neuauflage des 2er Coupé einer starken Tradition verpflichtet. Das geht aber momentan noch nicht so weit, dass das Jahr 1972 zum Maßstab genommen wird. Das jedenfalls durfte ntv.de in einer Vorabfahrt mit dem neuen 230i und M240i sicher feststellen.

Es ist nun 53 Jahre her, dass der BMW 2002 bei BMW den Grundstein für das aktuelle 2er Coupé legte und damals wie heute mit drei primären Tugenden glänzte: fahraktiv, kompakt und leistungsstark. Die drei Attribute traut man sich im Zuge der Elektrifizierungsoffensive kaum noch auszusprechen. Dabei wissen wohl nur die wenigsten, das bereits im Jahr 1972 ein batteriebetriebener 2er für die Olympischen Sommerspiele von BMW entwickelt wurde: der 1602 Elektro.

Seinerzeit bestand der Energiespeicher aus zwölf Blei-Starterbatterien, die mit einem Gesamtgewicht von 350 Kilogramm unter der Motorhaube untergebracht waren. Der Clou: Waren die Akkus alle, wurden sie einfach ausgetauscht. Die Reichweite betrug bei einer konstanten Geschwindigkeit von 50 km/h knapp 60 Kilometer, im Stadtverkehr reduzierte sich der Bewegungsradius auf 30 Kilometer. Die Höchstgeschwindigkeit lag übrigens bei Tempo 100 und der Sprint aus dem Stand auf 50 km/h betrug acht Sekunden.

Noch lange nicht überholt

Werte, über die die kommenden Fahrer eines 230i oder gar eines M240i nur ganz müde lächeln können. Während Erstgenannter von einem Vierzylinder mit 245 PS befeuert wird und so den Sportfreund in 5,9 Sekunden heckgetrieben aus dem Stand auf Landstraßentempo katapultiert, generiert der Sechszylinder im M240i 374 PS und schiebt über alle vier Räder in 4,5 Sekunden auf Tempo 100 an.

Da werden nicht nur die Augen, sondern auch die Hände feucht, denn der M240i ist derzeit der einzige Sechsender in diesem Segment. Um der Kraft von 500 Newtonmetern Herr zu werden, ist der Bolide serienmäßig mit einem Hinterachs-Sperrdifferenzial ausgestattet und neben einer im Vergleich zur Serie um 3,1 Zentimeter größeren Spurbreite an der Hinterachse, die Wankneigung und Radlastschwankungen bei schnellen Kurvenfahrten deutlich reduziert. Hinzu kommt eine ausgewogene Achslastverteilung von nahezu 50 zu 50, eine spezifische Lenkungsapplikation und ein optimierter Radsturz an der Vorderachse. In Summe befähigt das den Fahrer, mit dem M240i eine Kurve sauber anzupeilen, hart einzubremsen und einen klaren Strich ums Eck zu ziehen, ohne dass der Bayer auch nur den Ansatz von Unruhe weitergibt.

Während die Gasannahme bei solchen Sportübungen im Comfort-Modus eher verhalten erscheint, spricht der Sechszylinder in Sport und Sport Plus nahezu ansatzlos auf jeden Gasbefehl an, bleibt dank einer Zwischengasfunktion bei den blitzschnellen Schaltvorgänge der 8-Gang-Automatik immer am Ball und drückt sich mühelos und mit unbändiger Kraft aus der Kehre auf die nächste Gerade. Einziges - nicht durch die Ingenieure, sondern die Abgasnormen verschuldetes - Manko ist der für den Sechsender recht verhalten anmutende Sound. Aber das bleibt am Ende ein Darstellungs-, kein Leistungsproblem.

230i erstaunlich souverän

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass auch die Aerodynamik des M240i verbessert wurde. Detailoptimierungen wie Air Curtains, Frontspoilerlippe, Splitter, Turning Vanes, Versteifungssicken und eine Hinterachsabdeckung sorgen für eine um 50 Prozent reduzierte Auftriebsreduzierung, was den Wagen tatsächlich gerade bei hohen Geschwindigkeiten am Boden kleben lässt. Stellt sich die Frage, wie sich der 230i im Vergleich zur M-Sportskanone schlägt. Antwort: erstaunlich souverän. Natürlich sind 400 Newtonmeter maximales Drehmoment, die noch dazu nur auf die Hinterräder gewuchtet werden, nicht mit den 500 der M240i zu vergleichen, der seine Kraft wie beschrieben an alle Räder verteilt. Dennoch wirkt der Vierzylinder keine Sekunde schwachbrüstig, zeigt sich vielmehr entspannt dynamisch. Während der Sechszylinder irgendwie die ganze Zeit die Sportkeule schwingt, wirkt der Vierender eher zurückhaltend entschlossen.

Und auch wenn es 0,6 Sekunden länger dauert, bis die 1,5 Tonnen auf Landstraßentempo sind, wird der Kleine doch ebenfalls 250 km/h schnell und verhält sich auch in den Kurven ohne Fehl und Tadel. Noch dazu, wenn er das optionale und elektronisch geregelte Sperrdifferential unter dem Blech trägt, das mit einer Sperrwirkung von bis zu 100 Prozent zu einer ganz famosen Agilität beiträgt und vor allem die Traktion und das Kurvenverhalten deutlich verbessert. In Summe muss sogar gesagt werden: Da man ja weder mit dem M240i und schon gar nicht mit dem 230i ständig über den Rundkurs wetzt, sondern eher auf der Straße unterwegs ist, wirkt das Gesamtpaket des Letztgenannten doch runder. Obgleich der Spagat zwischen purem Sport und behaglichem Reisekomfort bei beiden Fahrzeugen extrem gut ausbalanciert wurde. Offensichtlicher noch beim M240i, denn hier ist der gefühlte Wechsel zwischen Sport und Comfort deutlich spürbar, aber ohne dass eine unnötige Härte an den Tag gelegt wird.

Alles für die Dynamik

Was bei Vorserienfahrten immer etwas zu kurz kommt, sind Anmerkungen zum Design, zum Innenraum und zum Verbrauch. Insofern nur so viel: Im Vergleich zum Vorgänger ist der 2er vor allem beim Radstand um 51 Millimeter, in der Spurweite vorn um 52 Millimeter und hinten um 31 Millimeter gewachsen. Maße, die für die Fahrdynamik wichtig sind, aber nichts an den Maßen im Innenraum ändern.

Insofern bleibt der 2er dann eigentlich auch eher ein Spaßauto für zwei, denn der Platz auf der Fondsitzbank ist doch sehr beschränkt. Der Arbeitsplatz des Fahrers ist, jedenfalls so weit das bei all den Abdeckungen zu sehen war, dem großen Bruder 3er entlehnt. Man darf also am Ende gespannt sein, wie sich der neue 2er ohne Tarnkleid präsentiert. Wenn die Optik das hält - und davon ist auszugehen - was die Fahrdynamik verspricht, dann sollte der neue 2er ein recht gelungenes Gesamtwerk werden. Auch dann, wenn er noch nicht, oder vielleicht gerade, weil er noch nicht batterieelektrisch fährt.

Quelle: ntv.de


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