Einfach Fahrrad fahren war gestern. Heute ist auch das Bike elektrisch, smart, vernetzt. Wie etwa das Design-Pedelec S3 von VanMoof, das vor der ersten Testfahrt zunächst nach zeitraubenden Vorbereitungen verlangt. Doch anschließend verwöhnt es mit besonders durchdachter Alltagstauglichkeit. Einfach nur Fahrrad fahren geht mit dem S3 sogar weitaus besser als mit den meisten anderen E-Bikes.
VanMoof war einst ein Startup aus Holland, das sich inzwischen zu einer festen Größe am Markt etabliert hat. Der Sprung zum großen Player folgte mit den Pedelec-Modellen S3 und X3, die dem Unternehmen seit ihrer Einführung 2020 rasant steigende Verkaufszahlen bescheren, da die Holländer vieles anders und im Gesamtpaket auch besser als andere Hersteller machen. Und trotz vieler Qualitäten kosten die Pedelecs nur knapp 2000 Euro.
Optisch anders
Optisch ist das S3 ein kurioser Mix. Irgendwie wirkt es wie ein altes Rad, das es so von Weitem betrachtet auch schon vor 100 Jahren hätte geben können. Zugleich ist es stylisch und modern, was sich etwa am überlangen Oberrohr mit integrierten Front- und Rückleuchten zeigt, was auch das besondere Erkennungsmerkmal der Marke ist. Was außerdem ins Auge fällt, ist die bis in jedes Detail konsequente Einfärbung in Schwarz. Schwärzer als das schwarze S3 im Test geht es nicht.
Neben andersfarbigen Bauteilen sucht man bei den Komponenten auch andere Herstellernamen vergeblich. Es gibt nur einen: VanMoof. Statt wie bei Fahrradherstellern sonst üblich viele Teile von Zulieferern zu nehmen, produzieren die Holländer fast alles selbst. Die ungewöhnliche Strategie verhilft dem Bike zum smarten Preis und zu einer beeindruckend cleanen Optik. Hier wurde nichts von diversen Zulieferern zusammengestückelt, zudem sind Schalter, Knöpfe und Leitungen Mangelware. Es gibt nicht einmal eine Klingel, keine aufgesetzten Leuchten, keine Bedieneinheit fürs Getriebe und auf den ersten Blick auch kein Display.
Erst freischalten
Das zeigt sich im schwarzen Oberrohr erst, wenn man losfahren will, aber nicht kann. Bei Anlieferung ist das Bike nämlich noch nicht freigeschaltet und folglich gesperrt. Ein aus vielen weißen Leuchtpunkten bestehendes Shy-Display im Oberrohr weist mit einer entsprechenden Grafik auf den gesperrten Status hin. Losfahren kann man erst nach Lektüre der Gebrauchsanweisung. Ab jetzt muss man etwas Zeit und Aufmerksamkeit für Lesestoff, fürs Downloaden der App, für das Registrieren von Rad und Halter und für das Verbinden von Smartphone und Bike mitbringen. Doch danach wird das S3 zum Selbstläufer.
Wer sich fortan mit dem Handy als rechtmäßiger Besitzer dem Bike nähert, wird umgehend erkannt und das S3 automatisch entsperrt. E-Antrieb aktivieren, Fahrmodus auswählen oder Ähnliches entfallen. Auch das Schalten von Gängen erübrigt sich, denn im Hinterrad steckt eine Viergang-Automatik. Draufsetzen und losfahren - mehr muss man nicht machen. Der Nabenmotor im Vorderrad zieht forsch an. Eine Besonderheit ist der Boost-Knopf, der mit dem rechten Daumen bedient wird. Ist er gedrückt, geht es mit Feuer nach vorn. Ansonsten vermitteln E-Motor und Bike einen eher entspannten Gesamtcharakter. Bergauf vermisst der ambitionierte Pilot gelegentlich sogar etwas Schwung, zumal die gewöhnungsbedürftige Automatik an Anstiegen etwas zögerlich zurückschaltet.
Entspannt, schnell und weit
Ebenfalls entspannt ist die Sitzhaltung auf dem S3, die voluminösen Reifen egalisieren viele Unebenheiten und sorgen auch hier für Wohlbefinden. Die Verarbeitung zeigt keine Schwächen, nichts klappert, quietscht oder knarzt. Auch der gekapselte Kettenantrieb läuft wie der Motor selbst: angenehm leise. Bei eigentlich nur einer Alltagssituation patzt das S3: Als das mit abnehmbarem Zusatzakku bestückte Testexemplar über eine Treppe geschleppt werden muss, lastet das Gewicht in unangenehmer Weise auf den Schultern des Trägers. Erschwerend kommt die kopflastige Verteilung der Masse aufgrund des Frontmotors hinzu.
Dank der seit Frühjahr 2021 zum Preis von 348 Euro erhältlichen Zusatzbatterie kann das S3 auch auf der Straße parken, denn zum Laden in der Etagenwohnung reicht es, das handliche Bauteil aus dem Rahmendreieck zu nehmen. Hat man den zweiten Akku am Bike, bleiben Fragen zur Reichweite auf der Strecke, denn jetzt gibt es einfach mehr als genug davon. Falls irgendwann doch einmal der Strom während der Fahrt zur Neige geht, fährt man eben ohne E-Schub wie gewohnt mit der Beinkraft, was mit dem S3 ganz einfach geht.
Zumeist ist man aber dank elektrischer Unterstützung angenehm flott mit Tempo 25 unterwegs, wie das Display im Oberrohr vermeldet. Das Fahrtempo könnte man auch auf der VanMoof-App ablesen, doch mangels Halterung bleibt das Smartphone während des Test in der Tasche. Dabei bietet die App viele Spielereien und Einstellmöglichkeiten. Am meisten fasziniert der variable elektronische Klingelton, der aus einem ebenfalls im Oberrohr integrierten Lautsprecher kommt. Klingen kann das wie eine klassische Metallglocke oder auch ganz anders. VanMoof bietet drei Töne standardmäßig an. Das ist smart, nett, funktional und eben auch irgendwie eine Spielerei. Eine schöne allerdings. Doch im Alltagsbetrieb braucht man die App eigentlich nicht. Da macht man das, was das S3 am besten kann: einfach Fahrrad fahren.
Quelle: ntv.de, Mario Hommen, sp-x
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