Fragile Waffenruhe im Gaza-Konflikt hält erst einmal

  21 Mai 2021    Gelesen: 615
Fragile Waffenruhe im Gaza-Konflikt hält erst einmal

Elf Tage Raketenfeuer liegen hinter ihnen. Nun schweigen die israelischen Sirenen, die vor Beschuss warnen. Auf der anderen Seite jubeln Tausende Palästinenser auf den Straßen. Doch die Waffenruhe ist fragil. Beide Seiten warnen vor einem neuen Aufflammen des Konflikts.

Die Waffenruhe im Gaza-Konflikt zur Beendigung eines elftägigen brutalen Schlagabtausches zwischen militanten Palästinensern und Israel ist am Morgen eingehalten worden. Stunden nach dem Beginn der Feuerpause um 02.00 Uhr (01.00 Uhr MESZ) wurden keine neuen Raketenangriffe auf Israel aus dem Küstenstreifen gemeldet. Auch die israelische Armee stellte ihre Angriffe ein. Beide Seiten warnten, sollte sich die Gegenseite nicht an die von Ägypten eingefädelte Vereinbarung halten, sei sie hinfällig.

Die Feuerpause war unter anderem auf Grundlage ägyptischer Vermittlung bestätigt worden. Die Vereinbarung sieht laut Diplomaten-Angaben vor, dass zwei ägyptische Delegationen in den palästinensischen Gebieten sowie in Tel Aviv auf die Wahrung der Feuerpause achten. Zusätzlich plant der US-Außenminister Antony Blinken in den Nahen Osten zu reisen, um sich unter anderem mit seinem israelischen und dem palästinensischen Amtskollegen zu treffen.

Im Gazastreifen gingen Tausende Menschen erstmals seit Beginn der Kämpfe wieder ohne größere Angst auf die Straßen. Kämpfer feuerten aus ihren automatischen Waffen in die Luft und viele riefen "Allahu Akbar" (Gott ist groß). Dieser Ruf schallte auch aus den Lautsprechern der Minarette der Moscheen in dem dichtbesiedelten und weitgehend abgeschotteten Gebiet. In Israel unterblieb das Sirenengeheul, das die Menschen in den Vornächten vor Raketenbeschuss gewarnt hatte.

Ein Vertreter der radikal-islamischen Hamas hat sich derweil zu den Forderungen der Gruppe geäußert. Ezzat El-Reshiq ist Mitglied des politischen Büros der Hamas und erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Israel die Gewalt in Jerusalem nun beenden und die Schäden durch die Bombardierung beseitigen müsse. "Es ist wahr, dass die Schlacht heute endet, aber (der israelische Ministerpräsident Benjamin) Netanyahu und die ganze Welt sollen wissen, dass unsere Finger am Abzug sind", sagte der Hamas-Vertreter in Doha. Zu ihren Forderungen gehöre außerdem der Schutz der Al-Aksa-Moschee und die Beendigung der Vertreibung mehrerer Palästinenser aus ihren Häusern in Ost-Jerusalem.

Biden sichert Israel Unterstützung zu

Auf der anderen Seite hat US-Präsident Joe Biden Israel seine "volle Unterstützung" zugesagt, um das israelische Abwehrsystem Eisenkuppel ("Iron Dome") wieder komplett auszustatten. Das gemeinsam mit den USA entwickelte System müsse auch "in Zukunft die Verteidigung und Sicherheit" Israels gewährleisten, sagte Biden. Die Vereinigten Staaten stünden weiter zu Israels Recht, sich gegen Raketenangriffe der Hamas und anderer Terrorgruppen im Gazastreifen zu verteidigen, betonte er.

Der seit 2011 eingesetzte "Iron Dome" soll Israel unter anderem vor Angriffen mit Kurzstreckenraketen schützen. Ein Radargerät erkennt anfliegende Geschosse und gibt die Information an einen Raketenwerfer weiter. Der startet eine Abfangrakete, um das feindliche Geschoss möglichst vor dem Einschlag noch in der Luft zu zerstören - und das nach israelischen Angaben mit einer Trefferquote von rund 90 Prozent. Militante Palästinenser feuerten nach israelischen Militärangaben insgesamt rund 4000 Raketen auf Israel ab. Israel dürfte nun seine Vorräte der Abfangraketen schnell wieder aufbauen wollen. Die Entwicklung, den Bau und die Instandhaltung des Abwehrsystems haben die USA bisher mit mehr als 1,6 Milliarden Dollar unterstützt.

"Ernsthafter Dialog" gefordert

UN-Generalsekretär António Guterres rief Israelis und Palästinenser auf, nun in einen "ernsthaften Dialog" über die Wurzeln ihres Konflikts einzutreten. An die internationale Gemeinschaft appellierte er, zusammen mit der UNO ein "zügiges" und "robustes" Hilfspaket für den nachhaltigen Wiederaufbau der von der jüngsten Gewalteskalation betroffenen Gebiete auf den Weg zu bringen.

Bundesaußenminister Heiko Maas hatte sich am Donnerstag bei einem Besuch in Jerusalem und Ramallah dafür eingesetzt, den Nahost-Konflikt künftig "wieder ganz oben auf die Tagesordnung der internationalen Politik" zu setzen.

Bei den am 10. Mai ausgebrochenen Kämpfen waren insgesamt fast 250 Menschen ums Leben gekommen, davon zwölf auf israelischer Seite. Die schwersten Gefechte zwischen Israel und radikalen Palästinensern seit Jahren gingen aus Auseinandersetzungen an der Al-Aksa-Moschee in Ost-Jerusalem hervor. Am Montag vergangener Woche reagierte die Hamas darauf mit Raketenangriffen. Verschärft wurden die Spannungen durch Pläne, Häuser palästinensischer Familien in Ost-Jerusalem zu räumen. Das Land wird von jüdischen Siedlern beansprucht.

Quelle: ntv.de, ara/rts/dpa/AFP


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