Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat betont, die Verbrechen von Butscha und anderen ukrainischen Städten lückenlos aufklären zu wollen. Dazu arbeite man unter anderem mit der EU und dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen, sagte er in einer Videobotschaft, die in der Nacht zu Dienstag veröffentlicht wurde. Die Verantwortlichen sollen für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. "Die Zeit wird kommen, in der jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfahren wird, wer von ihnen seine Mitbürger getötet hat. Wer Befehle gegeben hat. Wer bei den Morden ein Auge zugedrückt hat", sagte Selenskyj. Er lud Journalisten aus der ganzen Welt ein, sich die zerstörten Städte anzusehen. "Lassen Sie die Welt sehen, was Russland getan hat!"
Am Wochenende waren nach dem Abzug russischer Truppen aus dem Kiewer Vorort Butscha mutmaßliche Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung bekannt geworden. Die Bilder von zahlreichen Leichen von Bewohnern auf den Straßen sorgen international für Entsetzen. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestreitet das und spricht von einer "inszenierten Provokation".
Selenskyj berichtet in der Videobotschaft von seinem Besuch in Irpin und Butscha. "Die Städte sind einfach zerstört." Die Leichen seien demnach bereits von den meisten Straßen geborgen worden. In den Hinterhöfen und Häusern lägen aber immer noch Tote. Selenskyj befürchtete, dass russische Truppen nun versuchten, "die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen" - anders als in Butscha. Es breche ihm das Herz, sagte Selenskyj, dass er erst jetzt "von allen führenden Politikern der Welt Äußerungen höre, "die schon vor langer Zeit hätten gemacht werden sollen, als bereits alles völlig klar war."
USA und EU planen weitere Sanktionen
Er forderte erneut stärkere Sanktionen gegen Russland. "Aber war es wirklich notwendig, darauf zu warten, um Zweifel und Unentschlossenheit abzuwehren? Mussten Hunderte unserer Leute qualvoll sterben?"
Die US-Regierung will neue Sanktionen noch in dieser Woche ankündigen. Die Abstimmung dazu mit Verbündeten und Partnerstaaten laufe derzeit, sagte US-Präsident Joe Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan. Dabei würden mögliche Sanktionen "im Zusammenhang mit Energie" diskutiert. Einzelheiten zu den geplanten oder erwogenen neuen Strafmaßnahmen wollte er aber nicht nennen. Auch die EU-Staaten wollen in dieser Woche ein Sanktionspaket auf den Weg bringen. Ein Gasembargo lehnen Berlin und Wien aber vorerst ab. Am Rande eines Treffens der Euro-Länder in Luxemburg sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner, russisches Erdgas lasse sich "kurzfristig" nicht ersetzen. Auf dem Tisch liegt aber offenbar ein möglicher Einfuhrstopp für Öl oder Kohle.
Quelle: ntv.de, ino/dpa
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