Um Sjewjerodonezk tobt eine Artillerieschlacht

  20 Juni 2022    Gelesen: 559
 Um Sjewjerodonezk tobt eine Artillerieschlacht

Der US-Denkfabrik ISW zufolge stockt die russische Offensive rund um die ukrainische Stadt Sjewjerodonezk - und das trotz der Übermacht bei der Artilleriebewaffnung. Nach Einschätzung der Experten behindert Moskau sich sogar selbst, weil es seinen Krieg nicht als Krieg bezeichnet.

Russlands Überlegenheit bei der Artilleriebewaffnung reicht Militärexperten zufolge nicht für die Einnahme des Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine aus. "Russlands konzentrierte Artilleriekapazität gepaart mit wohl geschwächten Infanterieeinheiten bleibt unzureichend, um russische Fortschritte in Sjewjerodonezk zu erzielen", heißt es in der jüngsten Analyse des "Institute for the Study of the War" (ISW). Russische Truppen kämpften zwar weiter um die Kontrolle der Stadt, hätten aber wenig Fortschritte am Sonntag gemacht.

Vor dem Hintergrund der russischen Überlegenheit bei der Artilleriebewaffnung sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Sonntagabend in der ARD, dass Deutschland in puncto Waffenlieferungen mehr tun könne und mehr tun werde. Der Krieg mit Russland sei jetzt ein Artilleriekrieg. Die russischen Truppen hätten bei Artilleriewaffen eine Übermacht von 15:1. Deshalb brauche die Ukraine hier dringend Waffen wie Flugabwehrgeräte und Raketensysteme. Je früher die Waffen kämen, desto größer sei die Hilfe und desto weniger Menschen würden sterben.

Die Ortschaften im Umkreis der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk stehen weiterhin unter intensivem russischem Beschuss. Die ukrainischen Streitkräfte erklärten am Sonntag, es sei ihnen gelungen, die Russen um Sjewjerodonezk zurückzudrängen. Auf Facebook verwies die ukrainische Armee auf einen Erfolg in der Gegend um Toschkiwka. Laut Kiew "stürmen" russische Kräfte hingegen in Richtung des Dorfs Orichowe.

Russland dürfte den ISW-Experten zufolge weiter versuchen, die ehemalige Großstadt einzukesseln und die dort verbliebenen ukrainischen Kräfte, die sich weitgehend im Chemiewerk Azot verschanzt haben, vom Nachschub abzuriegeln. Allerdings seien derzeit wenig Fortschritte bei diesem Vorhaben zu sehen. Zudem bereite Moskau eine Offensive auf Slowjansk vor. Der Raum Slowjansk-Kramatorsk gilt als Zentrum der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass-Gebiet.

Nach Einschätzung des ISW behindert Moskau den Erfolg seiner Invasion selbst dadurch, dass es immer noch von einer "militärischen Spezialoperation" statt von einem Krieg spricht. Das hindere Russland an einer Mobilmachung, um weitere Kräfte zu generieren. Zudem fehle so dem Kreml die rechtliche Handhabe, um Soldaten zu bestrafen, die sich einem Einsatz verweigerten.

Quelle: ntv.de, mbe/dpa/AFP/rts


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