Bereits beim Start der Umfrage, ob Elon Musk den Posten als Twitter-Chef räumen soll, macht der Tech-Milliardär unmissverständlich klar: Er wird sich an das Ergebnis halten. Der Forderung von 57,5 Prozent der Twitter-Nutzer, die tatsächlich für seinen Rückzug von der Spitze des US-Konzerns gestimmt haben, ist Musk bislang allerdings noch nicht nachgekommen. Seine Begründung: Er will die Führung des Unternehmens erst abgeben, sobald seine Nachfolge geklärt ist.
"Ich werde als CEO zurücktreten, sobald ich jemanden finde, der dumm genug ist, den Job zu übernehmen! Danach werde ich nur noch die Software- und Server-Teams leiten", schrieb er. Momentan deutet wenig darauf hin, dass der Eigentümer des Konzerns zügig einen geeigneten Kandidaten für den Top-Job findet. Musk hatte vor der Abstimmung bereits gewarnt, dass es keine Interessenten gebe, die in der Lage seien, "Twitter tatsächlich am Leben zu halten".
Wer letztendlich den Posten von Musk übernehmen wird, ist schwer vorherzusagen. Ein paar Kandidatinnen und Kandidaten sind laut dem britischen Sender BBC aber durchaus im Gespräch. Erste Spekulationen um die Nachfolge bei Twitter heizte demnach ein Foto aus dem Lusail-Stadion beim Finale der Fußballweltmeisterschaft in Katar an. An der Seite von Musk ist darauf Jared Kushner zu sehen. Das Foto mit dem Schwiegersohn von Ex-Präsident Donald Trump entstand nur wenige Stunden bevor Musk die Umfrage zu seiner Zukunft als Chef von Twitter veröffentlichte.
Ebenfalls denkbar ist laut dem Bericht, dass Musk einen seiner wenigen engen Vertrauten bei dem Kurznachrichtendienst als neuen Chef benennt. Sriram Krishnan ist ein Angel-Investor und Tech-Guru, der zuvor Ingenieurteams bei Yahoo geleitet hat. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt er außerdem einen Podcast- und Youtube-Kanal. Noch bevor Musk sich dazu entschlossen hat, über seine Zukunft als Twitter-Chef abstimmen zu lassen, hat ihn das Fortune Magazin Anfang des Jahres als potenziellen nächsten Chef gehandelt.
Zwei PayPal-Vertraute auf der Liste
Zwei andere mögliche Kandidaten sind Teil der sogenannten PayPal-Mafia, einer Gruppe ehemaliger Mitarbeiter des Zahlungsdienstleisters, die durch die Gründung anderer Tech-Unternehmen zu den einflussreichsten Unternehmern im Silicon Valley geworden sind. Im Gespräch sind unter anderem David Sacks und David Marcus. Beide stehen auf der Liste derjenigen, denen Musk am meisten vertraut, ganz oben. Sacks ist heute Mitbegründer und Partner von Craft Ventures, einem in San Francisco ansässigen Unternehmen, das sich auf Investitionen in Einhorn-Tech-Unternehmen spezialisiert hat. Er bestritt, während der ersten Übernahme durch Musk eine offizielle Rolle bei Twitter gespielt zu haben, gab aber zu, dass er involviert war und twitterte: "Ich habe keine offizielle Rolle. Ich bin für nichts 'verantwortlich'."
Marcus ist der ehemalige Präsident von PayPal. Er ist laut BBC einer der ersten Tech-Führungskräfte, die sich für Kryptowährungen interessiert haben, und leitet heute das auf Kryptowährungen spezialisierte Unternehmen Lightspark, das an der "Erweiterung der Möglichkeiten" von Bitcoin arbeitet.
Der Mitbegründer von Twitter, Jack Dorsey, hat das Unternehmen bereits zweimal geleitet. Spekulationen um einen dritten Anlauf sind also nicht komplett aus der Luft gegriffen. Allerdings hat sich Dorsey nicht nur von Twitter zurückgezogen, sondern auch seinen Sitz im Aufsichtsrat aufgegeben. Er dürfte also keine enge Beziehung zu Musk pflegen, auch wenn er die Übernahme durch den Tech-Milliardär von Beginn an unterstützt hat, spekuliert die BBC.
Eine andere Person aus dem Twitter-Kosmos, die eventuell für den Posten infrage kommt, ist Parag Agrawalk. Auch wenn Musk den früheren Twitter-Chef sofort nach der Übernahme entlassen hat, könne er dem Bericht zufolge vielleicht wieder etwas Stabilität in das Unternehmen bringen.
Vorbereitet hat Musk seinen Abgang offenkundig nicht
Musk will Twitter vor allem profitabel machen. Bei Facebook hat bis Juni dieses Jahres vor allem Sheryl Sandberg die Einnahmestrategie weitgehend umgestaltet. Auch sie gilt deswegen laut BBC als ein weiterer ernstzunehmender Name, der für die Nachfolge von Musk infrage kommt. Schließlich ist es gelungen, dass die Plattform Gewinne aus der Werbung für Kleinunternehmen erzielt.
Das Chaos und die Ungereimtheiten um seine Nachfolge zeigen: Vorbereitet hat Musk seinen Abgang offenkundig nicht. Und auch die von einigen Beobachtern geäußerte Vermutung, die am Montag gestartete Umfrage sei Teil eines wohlüberlegten Planes, die Leitung des Unternehmens angesichts des in den vergangenen Wochen angerichteten, kaum noch zu beherrschenden Chaos abzugeben, trifft jedenfalls nicht zu.
Quelle: ntv.de, jki
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