Die Panzer-Allianz ist ein Volltreffer für Waffenindustrie

  31 Januar 2023    Gelesen: 751
  Die Panzer-Allianz ist ein Volltreffer für Waffenindustrie

Nicht nur Kiew, auch deutsche Rüstungsschmieden wie KMW und Rheinmetall jubeln über Scholz' Panzer-Entscheidung: Sie dürfte den Konzernen auf Jahre Milliardenprofite sichern. Denn die Ukraine braucht Hunderte deutsche Panzer.

Dass er für neue Aufträge in den Startlöchern steht, daran lässt Armin Papperger keinen Zweifel. "Die gesamte deutsche Industrie ist bereit. Die Ressourcen sind da, die Leute sind da, wir haben auch das Know-how", sagte der Rheinmetall-Chef vor genau einer Woche. "Was wir jetzt brauchen, ist gemeinsam mit der Politik den Schulterschluss, dass wir eine Planungsfähigkeit haben."

Kurz darauf bekommt Papperger, was er sich gewünscht hatte: nach wochenlangem Zögern macht Kanzler Olaf Scholz noch am Abend den Weg für die Lieferung von Leopard-Panzern in die Ukraine frei. "Auf den Punkt genau" sei die Entscheidung gekommen, kommentiert ein Aktienhändler. Und folgerichtig springt der Rheinmetall-Kurs am nächsten Morgen sofort auf ein neues Allzeithoch von fast 230 Euro. Seit Putins Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat er um 130 Prozent zugelegt.

Die Finanzmärkte haben schnell gewittert, dass der größte sicherheitspolitische Umbruch seit dem Zweiten Weltkrieg auch einen Quantensprung für die Gewinne der deutschen Rüstungsindustrie bedeutet. Zwar ist aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr, das Papperger so schnell wie möglich anzapfen möchte, auf dem Papier noch kein einziger Auftrag für Rheinmetall und Co. entstanden. Doch spätestens mit der Entscheidung, deutsche Panzer nach Kiew zu liefern, dürfte sich Zeitenwende nun deutlich in den Bilanzen der Waffenschmieden niederschlagen.

Comeback der Kampfmaschinen

6,4 Milliarden Euro Umsatz machte Rheinmetall im vergangenen Jahr - ein Plus von etwa 13 Prozent. Bis 2025 soll er sich auf 11 bis 12 Milliarden Euro fast verdoppeln. Der Löwenanteil des Geschäfts entfällt auf Kriegsgeräte, darunter der Schützenpanzer Puma, Militär-LKWs oder der Leopard 2, dessen Kanone, Feuerleitsystem und Munition Rheinmetall herstellt. "Unser Ziel ist eine Ergebnismarge von mindestens zehn Prozent vor Steuern", sagte Papperger kürzlich dem "Stern" wenige Stunden vor Veröffentlichung des Panzer-Deals.

Wie Rheinmetall dürfte auch die Münchner Waffenschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) als Haupthersteller des Leopard 2 von der geplanten Panzer-Allianz für die Ukraine profitieren. Der KNDS-Konzern, zu dem das Familienunternehmen gemeinsam mit dem französischen Panzerbauer Nexter gehört, machte 2021 einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro.

Ob und wie laut bei KMW und Rheinmetall die Kassen klingeln werden, hängt davon ab, wann und wie viele Leoparden in die Ukraine rollen - und ob die Geberländer bei der deutschen Rüstungsindustrie nachbestellen. Je 14 Stück haben Deutschland und Polen bereits zugesagt. Auch die Niederlande, Portugal, Spanien, Norwegen, Dänemark und sogar die NATO-Beitrittskandidaten Schweden und Finnland haben ihre Bereitschaft signalisiert. Zwei ganze Bataillone sollen so zusammenkommen.

Insgesamt sind der Ukraine also etwa 70 Leopard-2-Panzer mehr oder weniger fest versprochen. Bei einem Stückpreis von je nach Ausstattung drei bis neun Millionen Euro für die älteren Modelle und 15 Millionen Euro für die neueste Version A7V würde das allein für Hersteller KMW Einnahmen von bis zu einer Milliarde Euro bedeuten. Auch Rheinmetall könnte als Hauptzulieferer des Leopard 2 massiv profitieren: Anhand der bisherigen Ringtausch-Vereinbarungen mit der Slowakei und Tschechien rechnet die UBS mit einem möglichen Potenzial von bis zu zehn Millionen Euro für Modernisierung, Munition und Ersatzteile pro Panzer. Also ein potenzielles Neugeschäft von bis zu 700 Millionen Euro.

Kiew braucht Hunderte Panzer für den Sieg

Ein Neugeschäft, das jedoch noch etwas Geduld erfordern dürfte. Eine moderne Kampfmaschine wie den Leopard 2 kann man nicht innerhalb eines Monats instandsetzen, geschweige denn bauen. Weil die Panzer sofort auf dem Schlachtfeld gebraucht werden, werden sie deshalb von den Armeen der Spendernationen einsatzbereit aus ihrem jeweiligen Bestand nach Kiew abgegeben, statt sie von der Industrie monatelang neu produzieren zu lassen. Die bisherigen Lieferzusagen bedeuten auch aus einem anderen Grund nicht automatisch neue Umsätze: Entscheidungen über den Nachkauf oder gar konkrete Bestellungen sind bislang nicht bekannt.

Mittelfristig jedoch dürften die versprochenen Leopard-Panzer für KMW und Rheinmetall wohl ziemlich sicher Milliardenumsätze über Jahre generieren: Wenn Deutschland und die anderen NATO-Staaten nicht ihre eigenen Armeen ausbluten und so ihre eigene Verteidigungsfähigkeit aufs Spiel setzen wollen, wird ihnen kaum etwas anderes übrig bleiben, als nachzuordern.

Das liegt allein an der schieren Masse an Panzern, die Kiew brauchen wird. Wie Russland verliert auch die Ukraine jeden Monat Dutzende der Stahlkolosse. Der ukrainische Generalstabschef hat schon vor Monaten gefleht, er bräuchte mindestens 300 moderne westliche Panzer, um der kommenden russischen Frühjahrsoffensive auf Dauer etwas Nennenswertes entgegensetzen zu können. Zumal Russland potenziell bis zu 2000 Panzer aus sowjetischen Altbeständen mobilisieren kann.

Mit 14 Leoparden aus Augustdorf ist es demnach längst nicht getan. Der brutale Abnutzungskrieg in der Ukraine wird die aktuell verfügbaren westlichen Bestände schnell an ihre Grenzen bringen. Zumal einsatzfähige Leopard-Panzer schon heute Mangelware sind: Tschechien etwa will nicht für die Ukraine verzichten und pocht auf die im Rahmen der Ringtausche von Deutschland zugesagten Panzer. "Es ist jetzt nicht möglich, die Leoparden weiterzuschicken, denn wir brauchen diese Panzer für unsere Sicherheit", sagte der tschechische Ministerpräsident beim Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz vergangene Woche.

Insgesamt sind in Europa laut dem International Institute of Strategic Studies etwa 2000 Leopard-2-Panzer bei den NATO-Staaten im Einsatz. Genug Material für die dauerhafte Unterstützung der Ukraine wäre also vorhanden. Und damit auch reichlich Potenzial für Nachschub aus den Werkshallen der deutschen Rüstungsindustrie.

Quelle: ntv.de


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