Der unter anderem bereits wegen zweifachen Mords und insgesamt drei Mordversuchen an schwerkranken Intensivpatienten zu lebenslanger Haft verurteilte H. hatte während seines Prozesses im vergangenen Jahr ausgesagt, nach eigener Erinnerung zwischen 2003 und 2005 in einer Delmenhorster Klinik insgesamt etwa 30 Patienten getötet zu haben.
2005 war H. bei einer verdächtigen Injektion von einer Kollegin beobachtet und kurz darauf festgenommen worden. Seitdem sitzt er in Haft, inzwischen wurde er in zwei separaten Prozessen verurteilt. Seit Bekanntwerden der Dimensionen des Falls prüft eine Sonderkommission aus Staatsanwaltschaft und Polizei namens "Soko Kardio" alle Sterbefälle während dessen Dienstzeit in verschiedenen Einrichtungen.
Dabei durchforsten die Ermittler alte Krankenakten nach möglichen Hinweisen und exhumieren alle nicht feuerbestatteten verstorbenen Patienten aus den fraglichen Zeiträumen. Ihren Angaben nach geht es um mehr als 200 Fälle. Die systematischen Untersuchungen begannen im vergangenen Jahr und sollen noch viele Monate dauern.
Motive weitgehend unklar - Wunsch nach Anerkennung?
Dem Ergebnis der bisherigen Prozesse und seinen eigenen Aussagen nach spritzte H. Dutzenden Patienten auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst heimlich ein hochwirksames Herzmittel, um bei ihnen lebensbedrohliche Zustände herbeizuführen und sie dann wiederzubeleben. H. zufolge starben insgesamt etwa 30 Menschen bei dieser Prozedur. Weitere Taten an anderen Arbeitsstellen gab es nach dessen Angaben nicht.
Die genauen Motive hinter der Verbrechensserie des früheren Krankenpflegers blieben bislang unklar. Die Richter des Oldenburger Landgerichts, die H. im Februar 2015 unter anderem wegen zweifachen Mordes verurteilten, kamen zu der Einschätzung, dass H. durch Wiederbelebungen vor Kollegen "glänzen" und sich einen "Kick" verschaffen wollte. Sie sprachen von Taten, in denen eine angstmachende "Unmenschlichkeit" zum Ausdruck komme.
Wegen der erst spät eingeleiteten systematischen Nachforschungen in dem Fall gerieten auch die Ermittlungsbehörden in die Kritik. Ein früher dafür zuständiger ehemaliger Staatsanwaltschaft wurde zwischenzeitlich unter anderem wegen Strafvereitlung angeklagt. Gerichte lehnten einen Prozess aber mangels ausreichenden Tatverdachts ab.
Die Vorwürfe aus dieser Anklage zielten dabei eher darauf ab, dass der kurz vor seinem Wechsel auf einen anderen Posten stehende Staatsanwalt umfangreiche Ermittlungen wegen der damit verbundenen Arbeitsbelastung für sich und seine Abteilung hinausgezögert haben könnte. Es ging dabei nicht darum, dass dieser die Mordserie verschleiern wollte.
Tags: