Mercedes-AMG GT - der Sportwagen wird praktischer

  21 Auqust 2023    Gelesen: 645
  Mercedes-AMG GT - der Sportwagen wird praktischer

Auf den SL lassen die Stuttgarter das begehrte Coupé namens AMG GT folgen. ntv.de durfte bereits eine erste Sitzprobe nehmen. Und einen Blick in den Kofferraum werfen.

Wie ist eigentlich der AMG GT historisch einzuordnen? Gar nicht so einfach bei den vielen Sportwagen, die Mercedes im Laufe der Jahre angesammelt hat. Am Anfang war jedenfalls das Coupé, also bezogen auf das Sportwagenkapitel der Nachkriegsgeschichte. Na klar, die Rede ist vom W198, besser bekannt als 300 SL, der es inzwischen zur Legende geschafft hat mit seinen markanten Flügeltüren und dem damals sensationellen Benzin-Direkteinspritzer.

Der gerade in Pebble Beach enthüllte AMG GT hat durchaus eine gewisse Parallele zum W198. Während die ab 1954 verfügbare Baureihe ja auch als Coupé und drei Jahre nach Marktstart als Roadster vom Band lief, startete Mercedes-AMG mit dem offenen SL (R232), der sich diesmal die Plattform mit dem künftigen Coupé, dem AMG GT, teilt. Also gibt es die geschlossene und offene Variante quasi aus einer Hand. Und diese Zukunft ist nun gekommen, knapp zwei Jahre nach dem Start des SL. Im Gegensatz zum W198 werden Coupé und Roadster selbstverständlich parallel angeboten, was damals nicht der Fall war.

Zwischen den 1950er Jahren und 2023 liegt ein gewaltiger Modell-Stammbaum mit Highlights wie zahlreichen Black-Series-Modellen (die Mercedes-High-End-Sportler) plus einem unvergessenen SLS sogar mit Flügeltüren bei der Coupé-Version. Und am vorläufigen Ende dieses Stammbaums steht jedenfalls das neue AMG GT Coupé.

ntv.de hatte die Gelegenheit, den taufrischen Zweitürer zwar nicht in Pebble Beach, wo er seine Öffentlichkeitspremiere feiert, aber immerhin am Rande der Fahrpremiere der neuen E-Klasse in Wien zu inspizieren. Natürlich ist die Verwandtschaft zum SL auf den ersten schnellen Blick erkennbar, allerdings lassen die Gestalter das Coupé schon noch eine Spur selbstbewusster auftreten. So zeigt sich die Kühlermaske des sogenannten Panamericana-Grills weiter heruntergezogen als beim SL und das mit Diffusor bestückte Heck fängt beim GT mit geradezu großmäuligen Luftleit-Einheiten Blicke. Bei der Optik spielt auch die Funktion eine große Rolle - so sorgt die komplexe Aero-Entwicklung mit ihren zahlreichen aktiven Features nicht nur für viel Hightech, sondern auch für den extrovertierten Auftritt mit vielen Lamellen, markanten Lufteinlässen und Spoilerwerk.

Mercedes AMG GT startet mit leidenschaftlichen Achtzylindern

Dass der geschlossene Zweitürer vor allem ausgeprägte Fans ambitionierter Antriebe anspricht, markt man nicht zuletzt am Motoren-Setting. Unter acht Töpfen macht es der neue AMG GT nicht - zum Einsatz kommt natürlich der doppelt aufgeladene Vierliter-Achtzylinder mit 476 PS im GT 55 sowie 585 PS im GT 63 - letztere Ausbaustufe ist ja bekannt aus dem SL. Beide Varianten verfügen über zwei angetriebene Achsen, um bestmögliche Traktion zu gewährleisten.

Als Getriebe dient ein Neungänger mit Lamellen-Nasskupplung statt Drehmomentwandler. Aber Mercedes-AMG liegt nicht nur das reine Beschleunigen am Herzen, sondern auch maximale Querperformance: Daher spendieren die Techniker dem Athleten Features wie Allradlenkung, ein elektronisch gesteuertes Sperrdifferenzial für die Hinterachse sowie einen effektiven hydraulischen Wankausgleich.

Das neue Mercedes-Coupé kann viel Gepäck transportieren

Doch die Überraschung kommt auf ganz andere Art und Weise. Klar, dass die AMG-Techniker in Affalterbach alles dafür tun, damit der Racer mit seinen Wettbewerbern aus dem Nachbarort Zuffenhausen schritthalten kann auf den Tracks dieser Welt. Aber er soll auch im Bereich Alltagstauglichkeit punkten. Ich nähere mich dem Boliden, öffne die Kofferraumklappe und werfe einen Blick in das hintere Abteil. Das fasst laut Datenblatt 321 Liter, alles klar. Aber jetzt kommt der Clou! Der Lehnen der Fondsitzbank lassen sich tatsächlich umlegen, jetzt beträgt das Kofferraumvolumen sogar schon ansehnliche 675 Liter. So kann man auch mal ein sperriges Paket bei der Post abholen, für das man sonst ein anderes Fahrzeug hätte bemühen müssen. Das ist im Sportwagen-Segment schon beachtlich.

Dass in diesem Fall die beiden hinteren Logenplätze wegfallen, ist kein Beinbruch. Neugierig, wie ich bin, probiere ich die Rücksitzbank freilich aus - aber hier werden wirklich nur Kinder glücklich. Denn selbst Personen mit unter 1,75 Metern Körpergröße müssten sehr gebeugt mitfahren, um nicht mit dem Kopf an das Dach zu stoßen. Undenkbar bei dynamischer Fahrweise, aber auch nicht schön bei zurückhaltender Fortbewegung. Nicht schlimm, schließlich ist der AMG GT ja als 2+2 konzipiert.

Also ab auf den Sportsitz hinter das Lenkrad. Nein, gefahren wird hier und heute noch nicht, nicht einmal angelassen wird der klangvolle Vierliter (den V8-Sound kann man sich vorstellen, denn das Triebwerk ist ja bestens bekannt aus anderen Modellen). Aber auf dem großen Display in der Mitte darf man mal probetouchen und sich bereits lustvoll den 64 verschiedenen Ambientelicht-Farben hingeben. Braucht man die? Nö, aber solche Spielereien können immerhin zum Schmunzeln bringen.

Was ist der AMG GT eigentlich am Ende? Mit rund zwei Tonnen Leergewicht trotz Alu-Spaceframe-Technologie sicher kein reinrassiger Rennsportler, aber ein ambitionierter Athlet allemal, wie die Spezifikationen inklusive ansehnlicher Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h beim vorläufigen Topmodell zeigen.

Genau das ist das Stichwort, denn der neue AMG GT wird analog zu seinen Vorgängern sicherlich auch etliche zusätzliche Sportversionen bekommen im Laufe seines Modelllebens - womöglich bis hin zu einem Black Series, der dann darauf getrimmt sein wird, auf dem Track Bestzeiten in den Asphalt zu brennen. Aber bis dahin bleibt die Vorfreude, überhaupt erst einmal das Steuer der ersten beiden Versionen zu ergattern. Und wenn es so weit ist, werden Sie, liebe Leserschaft, davon natürlich erfahren.

Quelle: ntv.de


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