Was die Rente rettet

  14 April 2016    Gelesen: 641
Was die Rente rettet
An der Rente doktern Regierungen seit Jahrzehnten herum. Gebracht hat es bislang wenig, das System ist auf Dauer nicht finanzierbar. Fünf Vorschläge für radikale Reformen
Das deutsche Rentensystem ist in einer Dauerkrise. Immer weniger Beitragszahler müssen immer mehr Rentner finanzieren – auf Dauer funktioniert das nicht. Viele Menschen fragen sich deshalb: Werde ich im Alter arm sein?

Wechselnde Koalitionsregierungen versuchen seit Jahren, das System zu stabilisieren. Eine Folge: Bis 2030 wird das Rentenniveau auf 43 Prozent des Bruttodurchschnittslohns fallen. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat nun eine weitere Reformrunde angekündigt. Wie die Änderungen konkret aussehen sollen, ist noch unklar. Aber welche Ansätze könnten überhaupt funktionieren? Fünf radikale Vorschläge zur Lösung des Problems.

1. Steuergeld statt Beitragsfinanzierung

Die Rente basiert in Deutschland auf einem vorwiegend beitragsfinanzierten System. Wer der Versicherungspflicht unterliegt, finanziert mit seinen Beiträgen die Rentner von heute. Daraus folgt: Übersteigen die Ausgaben die Einnahmen, muss der Beitragssatz steigen. Dadurch hängt das System stark von der Struktur der Beitragszahler und Rentner und damit von Faktoren wie der demographischen Entwicklung ab.

Eine Alternative zu diesem Mechanismus ist ein stärker steuerfinanziertes System. So könnten etwa sogenannte versicherungsfremde Leistungen grundsätzlich aus Steuereinnahmen bezahlt werden. Zu diesem Posten zählen alle Leistungen, die von der Rentenversicherung getragen werden, obwohl sie eigentlich nicht in ihrem Aufgabenbereich liegen. Darunter fallen etwa die Kosten für die von der großen Koalition beschlossene abschlagsfreie Rente mit 63 oder die Mütterrente.

Das Einsparpotenzial ist erheblich: Versicherungsfremde Leistungen kosten die gesetzliche Rentenversicherung jährlich zwischen 58 und 93 Milliarden Euro. Zwar wird ein Teil dieser Kosten vom Bund kompensiert, zur Gänze deckt der "Bundeszuschuss" sie aber bei Weitem nicht. 2010 etwa gab die Rentenversicherung 93 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen aus. Vom Bund erhielt sie dafür einen Ausgleich von nur 71 Milliarden Euro. 2015 betrug der Bundeszuschuss 82 Milliarden Euro.

2. Eine staatliche Zusatzrente für alle

Noch weiter geht der Vorschlag, neben einer Grundrente allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten eine staatlich organisierte Zusatzversicherung anzubieten. Die Idee existiert schon lange, kürzlich wurde sie unter der Bezeichnung "Deutschland-Rente" von der schwarz-grünen Landesregierung in Hessen auf die Agenda gesetzt. Die Idee: Widerspricht der Arbeitnehmer nicht explizit, führt der Arbeitgeber monatlich automatisch einen bestimmten Betrag vom Bruttolohn ab. Das Geld wird in einen zentralen staatlichen Rentenfonds eingezahlt, der es ohne eigenes Gewinninteresse anlegt und auf Selbstkostenbasis arbeitet.

Gedacht ist eine solche Grundrente für alle, die sich eine private Absicherung nicht leisten können oder wollen. Sie könnte fragwürdige Instrumente wie etwa die Riester-Rente ablösen und so Kosten sparen. Allein bis 2011 hat der Staat knapp neun Milliarden Euro für Verträge der Riester-Rente gezahlt. Hinzu kommen die Steuerbegünstigungen – und das für ein Produkt, das nach Ansicht von Experten wenig effizient und obendrein auch noch teuer ist.

3. Beamte und Selbstständige einbeziehen

Eine weitere Forderung lautet, auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentensicherung einzubeziehen und die Renten- so zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterzuentwickeln. Noch ist es ein Tabu, das steuerfinanzierte Pensionssystem anzutasten. Für eine Änderung müsste im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit zusammenkommen. Außerdem gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. Eine solche Bürgerversicherung, wie es sie ähnlich schon in der Schweiz gibt, könnte die Probleme der Rentenversicherung nur zeitweise lösen. Denn mit ihren Beiträgen würden Beamte und Selbstständige ja auch Rentenansprüche erwerben, welche die Sozialversicherung später ebenfalls belasten.

Der Reformbedarf bei der Beamtenversorgung ist aber groß, die Kosten steigen ständig: 2014 beliefen sich die Rückstellungen für die Pensionskosten der nächsten Jahrzehnte auf rund 408 Milliarden Euro (PDF). Wissenschaftler rechnen deswegen vor, dass eine Eingliederung von Beamten und Selbstständigen zumindest kurz- und mittelfristig die weitreichendsten positiven Effekte auf das Rentensystem haben würde.

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