Nachdem die SPÖ-Spitze bei dem Parteitag der bedeutendsten Landespartei unter Bürgermeister Michael Häupl nicht sehenden Auges in ein Fiasko laufen möchte, gab es in letzter Sekunde noch Rettungsversuche. Daran hat nicht zuletzt Rudolf Hundstorfer größtes Interesse, nachdem die Flügelkämpfe seiner Wiener SPÖ mitten in seinen Wahlkampf für die Bundespräsidentenwahl in knapp einer Woche (am 24. April) platzen. Was (auch) hinter den Kulissen ablief:
Einerseits wurde die Asylnovelle überarbeitet – nachdem die darin enthaltenen Verschärfungen einen Aufstand (nicht nur) von Teilen der Wiener SPÖ und der Steirer SPÖ ausgelöst hatten, sondern auch in der Tiroler und oberösterreichischen Landespartei. Nun würden sich „keine militanten Formulierungen mehr“ in der Novelle finden, ist in der Faymann-treuen Fraktion zu hören. Es sei nicht mehr von einer Notstandsverordnung die Rede, sondern nur von einer Vermeidung eines Notstandes. Asylanträge könnten weiterhin in Österreich gestellt werden – wenn auch massiv eingeschränkt, z. B. bei Ansuchen um Familienzusammenführungen, wenn Familienmitglieder bereits in Österreich Asyl erhalten haben. Oder, wenn dem Flüchtling bei Nichtannahme des Antrags Folter oder Tod droht. Dazu kam, wie berichtet, dass es nun doch eine Begutachtungsfrist gibt.
Caspar Einem kritisiert „Notstand“
Wie sensibel die Angelegenheit ist, zeigt Ex-SPÖ-Innenminister Caspar Einem, der als „linkes Gewissen der SPÖ“ gilt und das Thema „Asyl auf Zeit“ samt Notstandsverordnung gegenüber der „Presse“ nur mit einem knappen Satz kommentiert: „Den Notstand macht sich die Regierung selbst.“ In welche Richtung die SPÖ bei diesem Flügelkampf gehen soll, dazu will sich Einem nicht äußern: „Das ist nicht meine Aufgabe.“
Ob mit der Überarbeitung der Asylrichtlinie die Proteste verstummen, ist offen. Denn in der Faymann-Fraktion wird trotz der Änderungen trocken festgehalten: „Inhaltlich gibt es keine Aufweichung.“
Den zweiten Rettungsversuch unternahm Michael Häupl persönlich. Bisher ein Vermittler zwischen den Lagern, stellte er sich in einem ORF-Interview demonstrativ hinter Werner Faymann. Aus dem linken Flügel seiner Partei heißt es, dass man Häupl auf dem Parteitag sicher nicht beschädigen wolle. Allerdings ist zu hören, dass Jugendorganisationen, die zuletzt auch vor dem Parlament gegen schärfere Asylregeln demonstriert haben, für den Wiener Parteitag Proteste planen. Wie und wie massiv diese ausfallen, war am Freitag aber noch offen.
Keine Mitgliederbefragung über Asyl
Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete und SPÖ-Chef des Arbeiterbezirks Simmering, Harald Troch, hatte zuletzt in der „Presse“ eine Befragung der roten Basis ins Spiel gebracht, um eine einheitliche Wiener Linie zu finden. Wörtlich meinte Troch: „Eine wienweite Mitgliederbefragung würde die Meinung wohl am besten widerspiegeln. Eine Befragung kann ich mir gut vorstellen.“
Häupls Parteimanager, Georg Niedermühlbichler, lehnte am Freitag energisch ab: „Solche Vorstöße von Einzelnen sind mehr als kontraproduktiv und verzichtbar.“ Nachsatz: „Es gibt eine einheitliche Linie, die einstimmig im Vorstand beschlossen wurde. Wir gehen davon aus, dass diese Linie auf dem Parteitag mit großer Mehrheit beschlossen wird.“
Die mangelnde Begeisterung für eine Mitgliederbefragung über das Thema Asyl könnte einen speziellen Grund haben. Im September 2011 wurde die größte Mitgliederbefragung in der Geschichte der Wiener SPÖ durchgeführt. Das Ergebnis: Als Schwäche wurde von der roten Basis vor allem die Integrationspolitik bewertet – mit 26,3 Prozent äußerte hier mehr als ein Viertel der Mitglieder seinen Unmut über die Politik der Wiener SPÖ. Schon damals zeichnete sich die Polarisierung ab: Die Hälfte der Genossen wünschte sich, „dass mehr Hausordnungsfragen, Regulierungsfragen in den Vordergrund gerückt werden“, analysierte Häupl damals. Die andere Hälfte wollte „den Integrationsgedanken, die Hilfe für die Leute“.
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