Türken fürchten Gewalt auch in Deutschland
Nach dem Anschlag mit fast 100 Toten in Ankara hat der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, vor gewaltsamen Auseinandersetzungen von Kurden und nationalistischen Türken auch in Deutschland gewarnt. "So wie die Stimmung jetzt gerade in der Türkei ist, befürchte ich eine weitere Eskalation auch hier", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Er beobachte Aufrufe zu nicht genehmigten Demonstrationen in den sozialen Medien, sagte Sofuoglu. Anhänger der verbotenen kurdischen PKK riefen zur Vergeltung auf. Ihnen gegenüber stünden sogenannte Osmanen in Deutschland, die sich als gewalttätige Verteidiger des Türkentums bezeichnen. Die radikalen Gruppen seien zwar auf beiden Seiten in der Minderheit. Der Chef der Türkischen Gemeinde fügte jedoch hinzu: "Wehret den Anfängen."
Zwei Explosionen hatten sich am Samstagmorgen inmitten der Teilnehmer einer Friedensdemonstration von linken Gruppen und Parteien ereignet, die sich in der türkischen Hauptstadt vor dem Hauptbahnhof versammelt hatten. Zu dem regierungskritischen Protestmarsch hatte unter anderen die Kurdenpartei HDP aufgerufen.
In der Türkei war in den vergangenen Monaten der Konflikt zwischen der Regierung und den kurdischen Rebellen wieder eskaliert. Seither wurden 140 türkische Sicherheitskräfte bei PKK-Anschlägen und 1700 kurdische Rebellen bei Armee-Bombardements getötet.
Die Zahl der Todesopfer des Anschlags ist unterdessen auf 97 gestiegen. Das teilte das Amt von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu auf der Website des Regierungschefs mit. 95 von 97 Todesopfern seien identifiziert, unter den Toten sei ein Palästinenser. Mehr als 500 weitere Menschen wurden bei dem Anschlag am Samstag verletzt.
Bei den beiden mutmaßlichen Selbstmordattentätern handelt es sich den Ermittlern zufolge um Männer. Ihre Identifizierung sei noch im Gange. Die türkische Regierung verdächtigt die Islamistenorganisation Islamischer Staat.